Frankreichs Außenminister reist nach Teheran

■ Vor dem Staatsbesuch wurde in Paris ein iranischer Attentäter vorzeitig aus der Haft entlassen

Paris (taz) – Wenige Wochen nach Italien ehrt jetzt Frankreich den Iran mit einem Regierungsbesuch. Außenmnister Hubert Védrine reist heute zu einem zweitägigen „Arbeitsbesuch“ nach Teheran. Dort will er einen großen Teil der dortigen Führung treffen, über „alles“ reden und das Terrain für einen noch höherrangigen französischen Besuch bereiten.

Als kleine Freundschaftsgeste hatte Frankreich bereits Anfang des Monats einen Iraner vorzeitig aus der Haft entlassen, der 1991 am Mord des in Paris exilierten Ex-Ministerpräsidenten Schapur Bachtiar beteiligt war. Zusätzlich hat Védrine eine Botschaft von Staatspräsident Jacques Chirac an den iranischen Präsidenten im Gepäck. Der Zeitpunkt sei „günstig“ und von „strategischer Bedeutung“, erklärte Védrine gestern in Paris.

Er zeigte sich vom Reformwillen des iranischen Präsidenten Mohammad Chatami „sowie seiner Wähler“ überzeugt. Diese „Chance kann man sich nicht entgehen lassen“. Der französische Außenminister versteht seinen Besuch auch als Beitrag zu einer Normalisierung der Beziehungen zwischen EU und Iran. Vor Ort wird er außer Präsident Chatami auch seinen Amtskollegen Kamal Charrasi treffen.

Védrine hat Erfahrungen mit der Wiederaufnahme von Iran- Kontakten: Im Februar 1991 war er Sprecher des damaligen Staatspräsidenten François Mitterrand, als der erstmalig seit der iranischen Revolution im Jahr 1979 den Kontakt wieder anknüpfte. Mitterrand telefonierte damals wegen des Golfkriegs mit dem damaligen Präsidenten Ali Akbar Haschmi Rafsandschani. Wenig später reiste der französische Außenminister Roland Dumas nach Teheran.

In der Zwischenzeit war wieder Funkstille zwischen den beiden Ländern eingetreten, wenngleich die Geschäfte weiterliefen. Im September 1997 unterschrieb die französische „Total“ den US-amerikanischen D‘Amato-Gesetzen zum Trotz sogar einen neuen Vertrag im Wert von umgerechnet 3,4 Milliarden Mark über die Erschließung von Erdgasfeldern.

Nach Einschätzung des französischen Außenministeriums trugen sowohl die Bemühungen von Total als auch die der französischen Diplomatie entscheidend zur Beilegung der siebenmonatigen Botschafterkrise bei, die Teheran nach einem Gerichtsurteil in Berlin ausgelöst hatte. Im Berliner Mykonos- Prozeß war die iranische Staatsspitze als Drahtzieherin der Morde an vier oppositionellen iranischen Kurden in Berlin verurteilt worden. Jedenfalls waren es dann im November 1997 auch die Herren Védrine und Charrasi, die sich zuerst die Hände reichten.

Im Vorfeld der Außenministerreise war bereits der iranische Industrieminister Gholamresa Schafein im Juli in Paris. Kaum war er abgereist, durfte Massu Hendi, der zu zehn Jahren Haft verurteilte Mittäter beim Bachtiar-Mord, Frankreich als freier Mann verlassen. Zum Leidwesen der französischen Vereinigung von Terroropfern, „SOS-Attentas“, und iranischer Oppositioneller. Die französische Justiz mache sich „lächerlich“ und ermuntere den Iran zu weiteren Terroranschlägen, erklärten beispielsweise die Volksmudschaheddin.

Angesichts dieser Vorleistung sind die Erwartungen an Védrines Engagement in Sachen Menschenrechte nicht besonders hochgesteckt. Der Außenminister versicherte freilich, er werde das Thema in Teheran ansprechen und auch über den Mordaufruf gegen den Schriftsteller Salman Rushdie reden. Dorothea Hahn