Wenn ein Bus das weibliche Selbstbewußtsein hebt

■ In Köln werden Immigrantinnen als Busfahrerin ausgebildet. Anfangs zeigten sich viele männliche Familienvorstände skeptisch, bald aber wurde das Projekt mit Anträgen überhäuft

Köln (taz) – James Bond scheint mißtrauisch. Halb versteckt lugt die lebensgroße 007-Pappfigur mit hochgehaltener Waffe hinter einer Wellblechtür auf den orange-blau- rostigen Bus. Hier passiert nicht nur für den Film-Obermacho Erstaunliches: 21 Migrantinnen lernen seit Januar an dem ausrangierten Bus im Hof des Bildungswerkes der Verkehrsgewerbe Westfalen-Lippe in Köln wie Bremsbeläge gewechselt, Routen geplant und Fahrgäste betreut werden.

Ziel des Ausbildungsprojektes „Mobil 2000“ ist die Prüfung zur Busfahrerin – und ein Teilzeitjob bei den Kölner Verkehrsbetrieben. Was inzwischen für die Teilnehmerinnen aus sieben Nationen von Kasachstan bis zum Libanon zur Selbstverständlichkeit geworden ist, war am Anfang für die Projektbetreuer harte Überzeugungsarbeit. „Was sollen vor allem moslemische Frauen hinter einem Buslenkrad?“ bekam Projektleiter André Kränzke öfter zu hören. Geholfen hat dann ein Tip einer ortsansässigen Sozialarbeiterin: Die Projektbetreuer besuchten einen türkischen Seniorennachmittag. „Da sitzen die Familienvorstände, die Väter und Großväter der Frauen“, sagt Kränzke. Eine Woche nach dem Besuch wurde das Projekt „von Anträgen überrollt.“

Projekte zur Förderung ausländischer Frauen sind dünn gesät. Zu diesem Zweck wurde aus Brüssel ein gesonderter Fördertopf für die Arbeit mit Ausländerinnen der ersten und zweiten Generation eingerichtet, aus dem das Projekt mit Mitteln des Landes Nordrhein- Westfalen und der Stadt Köln insgesamt 1,5 Millionen Mark erhält. „Das größte Problem für unsere Frauen ist die Sprache“, sagt Kfz- Meisterin und Ausbilderin Anja Guddorf. Plattenbremszylinder und Einspritzanlage – während die Teilnehmerinnen diese Teile schon längst im eigenen Auto reparieren können, kämpfen sie noch mit der deutschen Bezeichnung. Doch mit dem Wissen um Bremsbeläge und den deutschen Genetiv wächst das Selbstbewußtsein. Khadijé Noureddine sagt: „Meine Leute zu Hause haben nicht geglaubt, daß ich es schaffe.“ Darüber kann sie heute nur noch lachen: „So ein Quatsch.“ Ausbilderin Anja Guddorf weiß von verletztem Männerstolz, der die Ehegatten der Frauen schnell noch den Führerschein nachmachen ließ, bevor ihre Frauen mehr konnten als sie. „Aber wenn die Familie es akzeptiert hat, dann haben die Frauen einen besseren Rückhalt als deutsche Teilnehmerinnen.“ Die Hilfe zur Selbsthilfe funktioniert vor allem deshalb so gut, weil die Frauen damit rechnen können, einen Teilzeitjob zu bekommen. Die Kölner Verkehrsbetriebe brauchen nach Einschätzung ihres Pressesprechers Joachim Berger in Zukunft „einen bemerkenswerten Anteil an Teilzeitkräften“. Dies vor allem, weil nach dem Personalabbau der vergangenen Jahre jetzt Fahrer für Stoßzeiten – etwa im Schul- und Messeverkehr – fehlen. Die Frauen werden die Verkehrsbetriebe bald vor neue Herausforderungen stellen: Eine von ihnen trägt ein Kopftuch. „Die Frage, wie wir in einem solchen Fall entscheiden, ist noch nicht geklärt“, sagt Sprecher Berger. Und nimmt seine Aussage dann auf die kölsche leichte Schulter: „Aber wenn wir das in Köln nicht klären können, wo sonst?“ Cornelia Fuchs