Elaboriert bis untern Eimer

■ Zu wenig lustig für zuviel Zeit: Telefonspäße mit Studio Braun

Das war immer so lustig: Beim blöden Fettarsch aus der 4c anrufen, die Stimme verstellen und sagen: „Guten Tag, Sie sind live auf Sendung. Wenn Sie sagen, was Sie am liebsten essen, kriegen Sie 100 Mark.“ Und dann vor Lachen nur noch japsen können und den Hörer auflegen.

Deswegen ist das Projekt Studio Braun an sich sehr sympathisch. Vier Jungs, die mit Eimern auf dem Kopf richtig elaborierte Telefonscherze machen. Zumindest teilweise, denn nach dem fünften Anruf in Folge kann man nicht mehr wirklich darüber lachen, daß Adelstitel aberkannt werden sollen und der liebe Gott zum Abendessen einlädt. Doch die Debüt-CD Gespräche 1 hat ganze 29 Stücke, die alle lustig gefunden werden wollen.

Immerhin: Alles ist ganz sauber, wird so vorgeführt wie damals in der Schule. „Hier werden keine Witze auf Kosten unbeteiligter Dritter gemacht. Statt dessen werden ahnungslose Hörerabnehmer ganz vorsichtig der Lächerlichkeit preisgegeben“, sagen Studio Braun über ihr Projekt. Eine sonderbare Logik, aber abgeklärt ist natürlich alles. Denn eine Veröffentlichung ist rechtlich nur dann möglich, wenn alle Scherzopfer unmittelbar nach dem Gespräch ihr Einverständnis geben.

Heute hätten Studio Braun zum ersten Mal vor Publikum auftreten sollen, aber die Performance wurde kurzfristig abgesagt. So umgehen sie die technisch-rechtlichen Probleme einer Telefonliveshow und wahren gleichzeitig das gut gehütete Geheimnis um ihre Identität. Was die betrifft, legen nämlich Studio Braun selbst am meisten Kohle in den Gerüchteofen und finden sich recht lustig dabei: „Man vermutet ein Konglomerat aus seinen Bekannten, aber zum Teil auch extrem uninteressanten Persönlichkeiten der Hamburger Sauf-Szene.“

Auf jeden Fall sind alle ganz begeistert von den Jungs, obwohl Spaßanrufe nicht gerade zum Brandneuesten auf dem Comedy-Markt gehören. In den USA haben vor allem die Jerky Boys großen Erfolg und schon einiges veröffentlicht. Auch SWF3 macht mit Heiner Knallinger nichts anderes, als einen verrückten Pfälzer bei ahnungslosen Leuten anrufen zu lassen und sich dann darüber totzulachen. Doch wird Studio Braun in Norddeutschland als Revolution der Quatschmach-Möglichkeiten gefeiert. Allegra hat sich besonders gut amüsiert. In der CD-Besprechung konstatiert man: „...das ist dann so komisch, daß einem die Luft wegbleibt.“ Also doch wieder vierte Klasse?

Tina von Löhneysen

Studio Braun: „Gespräche 1“, Mercury Records, 29, 80 Mark