Bremer Sommer tötet Bremer Sommer

■ Hanseatisches Wetter setzt Marktplatzfest unter Wasser / Wochenende verpläddert bei 14 Grad / BremerInnen bleiben gelassen, wenn ihnen kübelweise Wasser in den Kragen läuft

„Hansawelle – das Wetter: Ein Tiefdruckgebiet setzt sich hartnäckig über Skandinavien fest und beschert Bremen und Niedersachsen ein in weiten Teilen unangenehmes Wochenende. Mit den Fronten des Tiefausläufers fließt von Norden her kühle Meeresluft heran. Das beschert uns Höchstwerte von 14 Grad, in der Nacht sinken die Temperaturen auf bis zu fünf Grad. Es gibt immer wieder Schauer und kaum Sonnenperioden.“

So oder so ähnlich wird sich morgen der Wetterbericht auf Radio Bremen anhören. Die MeteorologInnen der taz berichten Grauenvolles, wenn sich ihre Satellitenaugen für die Prognosen gen Bremen richten. Da läßt sich auch mit dem Hinweis, daß wir gerade Hochsommer und Mitte August haben, nichts ausrichten. Die Wettergurus bleiben hart. Ihnen kann es ja auch egal sein – sie leben schließlich nicht an der Weser.

Bereits gestern präsentierte der Bremer Sommer sich von seiner bekanntesten Seite – und bescherte dem anderen Bremer Sommer, dem auf dem Marktplatz, nasse Füße.

Da biegt sich eine Gruppe JapanerInnen vor Lachen, weil einem Mitglied von einem Zeltdach kübelweise Wasser in den Kragen gelaufen ist. Auf einem Tisch zersetzt sich allmählich ein Stück Fleisch in seine Bestandteile. Es ist vom Vorabend dort liegen geblieben. Jetzt krumpelt es vor sich hin. Gepaart mit anderen Fleisch-, Bier- und Zigarettenresten bildet sich allmählich eine unappetitliche graubraune Soße auf dem Plastiktischtuch. Einsam und verlassen steht zudem eine Wasserflasche mitten im Musikpavillon und bettelt um Aufmerksamkeit. Doch von wem? Weit und breit ist kein Besucher des Bremer Sommers im verregneten Bremer Sommer zu entdecken. Nur wütende HändlerInnen. Die meisten wischen um ihr leben. Regenwasser läuft in die Stände, wird vom Wind in die Auslage oder zischend auf den Grill getrieben. Ein Mann steht tobend in seiner Wurstbude, und versucht der Wassermassen auf seinem Budendach Herr zu werden – per Besenstiel. „Ich hau ab“, so sein Kommentar. Tut er dann doch nicht. Schließlich kennt er „seine Bremer“.

Und richtig: Kaum ist der morgendliche Platzregen in bremischen Dauerregen übergegangen, füllt sich der Marktplatz allmählich. Das zersetzte Fleischstück wird weggewischt. Die einsame Wasserflasche findet sich plötzlich in einem ganzen Kasten wieder. Die Kapelle spielt wieder auf. Und abgesehen von einem steten Pläddern auf den Zeltdächern kehrt der Alltag auf dem Bremer Sommer wieder ein. Abgesehen davon, daß eine Skisprungschanze vor dem Rathaus steht.

Es ist verrückt. Muß es eigentlich wirklich schneien im August? Vermutlich, denn der Bremer Sommer verdeutlicht: Ihren Bremer Sommer lassen sich die BremerInnen und mit ihnen die TouristInnen grundsätzlich und niemals vom Bremer Sommer und dessen Scheißwetter verderben.

Jens Tittmann