Unverständnis am Urban und in Moabit

■ Leiter der zur Schließung vorgesehen Krankenhäuser halten Gutachterkritik für unbegründet

Richtig aufregen will sich Hans- Åke Fabricius nicht. „Protest ist bei uns schon fast Routine“, sagt der ärztliche Leiter des Urban- Krankenhauses, zwei Tage nachdem das Klinik-Spargutachten das Urban-Krankenhaus und sechs weitere Berliner Kliniken ins Sterbebett verfrachtet hat. Schon oft wurde die Schließung des einzigen Kreuzberger Krankenhauses diskutiert, doch bislang konnte es sich stets retten.

Die Kreuzberger Bevölkerung mit hoher Armuts- und Krankheitsrate sowie einem großen Ausländeranteil mag ihr Krankenhaus – und das hat sich auf seine Klientel eingestellt: Alkis und Berber werden von anderen Kliniken ins Urban geschickt; es gibt türkische Krankenschwestern und Ärzte und täglich ein Gericht ohne Schweinefleisch. Fast zwei Drittel der 1.700 Kinder, die im vergangenen Jahr im Urban geboren wurden, haben nichtdeutsche Eltern.

Darüber hinaus ist das Urban für seine Kardiologie, Urologie und seine Rettungsstelle bekannt, die 50.000 PatientInnen pro Jahr betreut. Außerdem ist es seit dem vergangenen Herbst ein „Modellkrankenhaus“, das exemplarisch und mit dem Segen der Gesundheitssenatorin seine Umstrukturierung vollziehen soll: Von den ursprünglich 1.100 Betten gibt es nur noch 724, im kommenden Jahr sollen es nur noch 570 sein. Eine ganze Fachabteilung, die Orthopädie, hat das Urban gerade ausgelagert, die plastische Chirurgie soll folgen. Chirurgische und innere Abteilungen werden zu Zentren mit abgeflachter Hierarchie zusammengefaßt, ein „Zentrum für aktivierende Pflege“ mit wenig ärztlichem Personal soll die Kosten senken. „Mit einer Liegedauer von durchschnittlich 10,1 Tagen und durchschnittlichen Kosten pro Krankenhausaufenthalt von 7.225 Mark liegen wir unter dem, was die Gutachter fordern“, sagt Fabricius.

Er glaubt, daß das Urban wegen der anstehenden Sanierungskosten zur Schließung vorgeschlagen wurde. Sanierungsaufwand des Neubaus mit baulichen Mängeln: 200 Millionen. Dabei reichten zunächst, so Fabricius, die vom Senat bereitgestellten 15 Millionen aus.

Sein Kollege Volker Taenzer, ärztlicher Leiter des Krankenhaus Moabit, versteht überhaupt nicht, warum seine Klinik auf der Abschußliste steht. Auch Moabit, dessen Hauptschwerpunkt ein Tumorzentrum ist, habe bereits gut 300 der ursprünglich 1.000 Betten abgebaut, im kommenden Jahr soll es nur noch 527 geben. Taenzer wundert sich, daß für sein 126 Jahre altes Haus im Gutachten ein Investitionsbedarf von 250 Millionen Mark veranschlagt wird. „Wir sind keine Bruchbude, unsere Gebäude sind bereits saniert“, sagt er. Auch ambulante Operationen, vor- und nachstationäre Therapie außerhalb des Krankenhauses würden gefördert. So habe man die vom Gutachten angestrebte Verweildauer mit durchschnittlich zehn bis elf Tagen bereits erreicht.

Wie viele andere sind die Klinikleiter sauer, daß die Gutachter in der bislang veröffentlichen Kurzfassung keine Begründungen für ihre Vorschläge vorgelegt haben. „Nicht nachvollziehbar und unglaubwürdig“, urteilt Taenzer, „völlig untragbar“, sein Kreuzberger Kollege Fabricius. Beide klagen über schlechte Stimmung in ihrem Haus, die Urban-MitarbeiterInnen wollten sich gestern zur Vorbereitung von Protesten treffen. Sabine am Orde