P.W. Botha wird verurteilt, bleibt aber frei

■ Mißachtung der Wahrheitskommission: Bewährung für Südafrikas Expräsidenten

Berlin (taz) – Der frühere südafrikanische Präsident P.W. Botha ist gestern der Mißachtung der Wahrheitskommission schuldig gesprochen worden. Ein Gericht im südafrikanischen George verurteilte ihn zu einer komplizierten Kombination von Geldstrafe und Gefängnis auf Bewährung: zum einen die Wahl zwischen einer Geldstrafe von umgerechnet 2.840 Mark oder zwölf Monaten Haft; dazu noch weitere zwölf Monate Haft, die für fünf Jahre auf Bewährung ausgesetzt sind.

Pieter Willem Botha, heute 82 Jahre alt, war eine der Säulen des Apartheidsystems in Südafrika. Von 1966 bis 1980 war er Verteidigungsminister, von 1978 bis 1984 Sicherheits- und Premierminister und danach bis 1989 Staats- und Regierungschef. In diese Zeit fiel der Höhepunkt des Krieges des Apartheidregimes sowohl gegen die schwarze Mehrheitsbevölkerung in Südafrika wie auch gegen das gesamte südliche Afrika, das damals von Südafrika im Namen des Abwehrkampfes gegen den internationalen Kommunismus massiv destabilisiert und mit Terror überzogen wurde. Gestützt auf seine außenpolitischen Verbündeten – Ronald Reagan, Margaret Thatcher und Helmut Kohl –, reagierte er auf die sich ausbreitenden Aufstände in den schwarzen Townships mit Staatsterrorismus und Ausnahmezustand.

Bothas Regierungsstil war der eines gnadenlosen Feldherrn in feindlichem Gebiet. Gleichzeitig war er zutiefst davon überzeugt, das Recht auf Heimat der Buren zu verteidigen – durch die physische Entfernung jeder Infragestellung der weißen Alleinherrschaft in ihrem erwählten Territorium. Zugleich dachte Botha, er könne mit minimalen „Reformen“, wie der Bildung weiterer schwarzer „Homelands“, als innenpolitischer Modernisierer dastehen. Kaum ein südafrikanischer Politiker hat dermaßen konsequent die eigene Politik so mißverstanden.

Die Wahrheitskommission zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen in der Apartheid-Ära wollte Botha fragen, inwieweit er persönlich als Vorsitzender des Staatssicherheitsrates die Liquidierung schwarzer Befreiungskämpfer in den 80er Jahren angeordnet habe. Botha weigerte sich und kam vor Gericht, wo er sich ungerührt gab und einmal sogar in einer flammenden Rede zur Einheit der gegen den Kommunismus kämpfenden Kräfte aufrief. Daß der bereits inhaftierte Eugene de Kock, Chef der berüchtigten Geheimpolizei-Einheit „Vlakplaas“, ihn vor Gericht schwer belastete, kümmerte ihn nicht, nahm aber der Öffentlichkeit die letzten Zweifel daran, ob man denn so einen alten Mann noch aussagen lassen müsse. Einige militante Weiße erkoren Botha zum Helden – für die meisten war sein Verhalten einfach peinlich.

Nun muß er büßen, allerdings nur wenig. Zwei Jahre Gefängnis wären für die Mißachtung einer Vorladung der Wahrheitskommission möglich gewesen. Nach dem Schuldspruch wurde Botha gegen eine Kaution von umgerechnet 15 Mark freigelassen, weil seine Anwälte Berufung einlegen wollen. Ohne einen eigenen Kommentar abzugeben, verließ der alte Mann das Gerichtsgebäude, während eine Gruppe von 30 Demonstranten ein Transparent hielt mit der Aufschrift: „Für seine Vergangenheit können wir ihm vergeben. Für seine Arroganz gehört er ins Gefängnis.“ Dominic Johnson