Das Portrait
: Ein Meister der Softdiplomatie

■ Sergej Dubinin

„Dub“ heißt auf Russisch „Eiche“. Daß Sergej Dubinin (49) aus Eichenholz geschnitzt ist, hat sich letzte Woche erneut erwiesen. Der Mann ist seit 1995 Chef der russischen Zentralbank. Zum zweiten Mal seit 1994 hat er an einer schmerzlichen Rubelentwertung mitgewerkelt. Trotzdem hielten schwerwiegende Gründe die Führung davon ab, ihn in die Wüste zu schicken.

Der gegenwärtige Zentralbankchef bedient die Klischeevorstellungen westlicher Investoren und die Vorurteile russischer Patrioten gleichzeitig. Mit seiner massiven Körperlichkeit steht er buchstäblich für die Größe und Breite eines sibirischen Bären mit seiner Physiognomie für den ewigen Juden. Zum ersten Mal fiel unter Dubinin der Rubel gleich um 30 Prozent, kurz danach fiel auch er selbst. Das war am „schwarzen“ Dienstag, dem 12. Oktober 1994. Damals arbeitete Dubinin als Finanzminister – in der ersten der beiden Regierungen Wiktor Tschernomyrdins.

Rußland leidet unter einem chronischen Mangel an guten Wirtschaftsspezialisten. Dubinin hat deshalb bislang eine große Anzahl von Ämtern wahrgenommen, die jedem Tattergreis zur Ehre gereichen könnten.

Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler unterrichtete von 1974-1991 an der Moskauer Lomonossow- Universität, bis er als Berater von Präsident Gorbatschow geholt wurde. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion konservierte Dubinin in der Regierung die ökonomischen Beziehungen zu den anderen GUS-Ländern. Im März 1993 machte ihn der Radikalreformer Jegor Gajdar zum stellvertretenden Finanzminister. Als Wiktor Tschernomyrdin ans Ruder kam, war er selbst schon Finanzminister.

Westliche Experten halten ihn für einen Meister der Softdiplomatie und für einen Superstabilisator. Die vergangenen Tage haben wieder gelehrt, daß Dubinin durchaus Maßnahmen lancieren kann, die Hysterie verursachen.

Der „schwarze Dienstag“ hat sich nun am Montag letzter Woche fast widerholt. Im Dezember 1997 wählte die Tageszeitung Iswestija Dubinin zum „Mann des Jahres“. Damals hatte er mit den Mitteln der ihm unterstellten Organisation einen Rubel- Krach abgewehrt. Und die Moral von der Geschichte? Auch eine Eiche, die aus ihren Erfahrungen gelernt hat, macht noch keinen Frühling. Barbara Kerneck