Irdischer Trieb, göttliche Reinheit

■ Italien, Spanien und Mexiko: Katholizismus auf dem Fantasy Filmfest

In Südeuropäischen und mexikanischen Horror-Filmen weiß man, wie es um den Gegner Gottes steht. Sie kennen die Fratze des Teufels, und sie zeigen sie. Seit den 50ern, als die Filmindustrie Italiens, Spaniens und Mexikos dem Beispiel der USA folgten und Horror-Filme als Massenware drehten, bewiesen gerade diese katholisch geprägten Produktionsfirmen keinerlei Berührungsängste, wenn das Böse auf dem Plan stand. Das Ockulte bestand, um offenbart zu werden.

Auf dem Fantasy Filmfest sind dieses Jahr mal wieder mehrere Filme aus jenem Raum zu sehen. Neben Alex de la Iglesias Bonnie & Clyde-meets-Pulp Fiction-Roadmovie Perdita Durango sowie dem Para-Schocker 99.9 von Augustin Villaronga bewegen sich mit Memorias del angel caldo und Sobrenatural gleich zwei Streifen auf sicherem spanisch-mexikanischem Terrain. Zumindest thematisch. Hier geht es um nichts geringeres als das Eintreffen des Bösen. Daniel Grueners Sobrenatural nimmt sich wie Rosemary's Baby eine junge Frau zum Medium für die diabolische Niederkunft, und Memorias von Fernando Cámara und David Alonso läutet die Apokalypse direkt in der Kirche ein. Ein „Return to Sender“ ist ausgeschlossen.

Waren in angelsächsischen Produktionen immer auch mentale Spannungsbögen von Bedeutung und das Moment des Phantastischen oft als Inkarnation unterdrückter sexueller Obsessionen interpretierbar, setzten die spanisch-mexikanischen Werke auf visuelle Ausreizung, die physische Präsenz allen Übels. Ähnlich wie in den Western oder Mantel-und-Degen-Filmen der 50er und 60er erklärten auch die Horror-Regisseure dieser Zeit Zwischentöne zur Mangelware. Der Teufel war der Teufel und als Gegenwelt autonom. Dem Puritanismus der britischen Hammer-Produktionen stellte sich hier ein Gesandter direkt aus der Hölle entgegen, der die irdischen Sünder als übersinnlicher Punisher heimsuchte. Erst ist da der schlimme Trieb wider die Reinheit, dem die Strafe durch die dunkle Gottheit folgt. Welch böse, klare Welt. Auch heute noch, wie das Filmfest zeigt.

Oliver Rohlf

Memorias del angel caido: heute, 18.15 Uhr. Perdita Durango : heute, 22.45 Uhr, Cinemaxx 3