Streit ums Mahnmal geht weiter

■ Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen bringt neue Standorte für das umstrittene Holocaust-Mahnmal ins Gespräch. Der Senat diskutierte kontrovers die Entwürfe

Berlin (taz) – Die Realisierung des von Bundeskanzler Helmut Kohl favorisierten Eisenman-Entwurfs für ein Holocaust-Mahnmal in Berlin wird immer ungewisser. Der überarbeitete Entwurf des US-Architekten Peter Eisenman sei „nur einer von vier Entwürfen“, erklärte gestern der Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen (CDU), nachdem der Senat am Morgen die Wettbewerbsvorschläge besichtigt hatte. „Wenn ein Versuch mißglückt ist, muß man einen neuen Versuch machen oder überlegen, ob man etwas völlig anderes macht“, so Diepgen.

Am Montag hatte Diepgen bekanntgegeben, daß er mit Kohl übereingekommen sei, die Entscheidung über das Mahnmal erst nach der Bundestagswahl zu treffen. Die SPD verfehlte gestern ihr Ziel, den Koalitionspartner CDU im Senat erneut auf den Standort am Brandenburger Tor festzulegen. Diesen hatte Diepgen vor einer Woche in Frage gestellt.

Die zehn Senatoren und Senatorinnen von SPD und CDU sowie Diepgen hatten neben den vier Wettbewerbsentwürfen auch die Modelle des Jüdischen Museums und den geplanten Neubau der Gedenkstätte „Topographie des Terrors“ betrachtet. Diese hatte Diepgen als alternative Standorte für ein Mahnmal genannt. Beide Vorschläge wurden allerdings nicht nur im Senat kontrovers diskutiert, sondern sind auch von der Fachöffentlichkeit und beiden Einrichtungen als völlig ungeeignet abgelehnt worden.

Die „Topographie des Terrors“ befindet sich am Sitz des früheren Reichssicherheitshauptamtes. Dort sind auch noch Folterkeller der Gestapo erhalten. Die internationale Gedenkstätte ist als Informations- und Dokumentationszentrum des Naziterrors konzipiert. Der Ort der Täter sei nicht geeignet, um der Opfer gedacht werden, wurde Diepgen entgegengehalten.

Im Jüdischen Museum, dessen metallisch glänzender Bau von Daniel Libeskind an einen zerschmetterten Davidstern erinnert, soll sich mit der Geschichte der Juden in Deutschland befassen. Durch ein Mahnmal werde diese Geschichte aber auf den Holocaust reduziert, so Kritiker.

Falls sich die Auslober für einen neuen Standort entscheiden, sprach sich Diepgen dafür aus, einen Künstler mit der Gestaltung des Mahnmals zu beauftragen. Einen neuen Wettbewerb lehnte er hingegen ab. Die Berliner SPD drängte darauf, möglichst noch in diesem Jahr über das Holocaust- Mahnmal zu entscheiden. Diepgen äußerte sich jedoch weder über eine Zeitschiene noch über das Prozedere. Dorothee Winden

Kommentar Seite 12, Bericht Seite 7