„In den nächsten Wochen Gespräche geplant“

■ Die Meldung über direkte Verhandlungen zwischen kolumbianischer Guerilla und der neuen Regierung von Präsident Andrés Pastrana kam zu früh, sagt ELN-Comandante Pablo Beltrán

Berlin (taz) – „Die kolumbianische Regierung will am heutigen Dienstag in Genf die angekündigten Friedensverhandlungen mit den linksgerichteten Rebellen des Landes aufnehmen. Ihr Friedensbeauftragter Victor Ricardo trifft am Sitz des Internationalen Roten Kreuzes die Sprecher der beiden größten Guerillaorganisationen, Pablo Beltran und Raul Reyes, zu getrennten Gesprächen...“ meldete am Dienstag AFP. Die Nachricht schien plausibel, denn am Montag hatten ELN-Vertreter und sechs kolumbianische Parlamentarier in Genf eine Absichtserklärung unterzeichnet, nach der Guerillasprecher vor dem Kongreß ihre Standpunkte darlegen sollten. Ein direkter Kontakt mit Pablo Beltrán, dem dritten Mann in der ELN- Hierarchie, ergab nach Redaktionsschluß: Die angeblichen Gespräche mit Regierungsvertretern entpuppten sich als Ente.

taz: Herr Beltrán, mit wem haben Sie in Genf gesprochen?

Beltrán: Mit Funktionären des Schweizer Außenministeriums, des Internationalen Roten Kreuzes, der UN-Menschenrechtskommission, des Weltkirchenrats und natürlich den Kongreßabgeordneten.

Und was hat es mit dem angeblichen Treffen mit Victor Ricardo, dem Friedensbeauftragten des Präsidenten, auf sich?

Nichts. Wir wissen zwar, daß Ricardo in Europa ist, aber hier werden wir uns nicht treffen. In den nächsten Wochen sind Gespräche mit der Regierung geplant, aber in Kolumbien.

Wie beurteilen Sie die Guerillaoffensive der letzten Wochen?

Nach dem Abkommen von Himmelspforten kam es zu einer Reihe von Massakern an Zivilisten. Wir beschlossen daraufhin, unsere bewaffneten Gegner anzugreifen, also das Heer, die Polizei, die Paramilitärs. Wir glauben nicht, daß wir das Abkommen verletzt haben, wir halten am guten Willen fest. Ich gebe zu, es hat den einen oder anderen Fehler gegeben, aber das ist nicht unsere offizielle Politik.

Präsident Pastrana ist jetzt im Amt. Heißt das, daß Ihre Gesprächspartner aus der „Zivilgesellschaft“ an Bedeutung verlieren?

Wir möchten, daß ihre Rolle immer wichtiger wird. Von der Regierung fordern wir Garantien für die Beteiligung der Gesellschaft. Für uns war das Abkommen in Deutschland nur ein erster Schritt, und wenn man es so vehement kritisiert wie der Verteidigungsminister, kommt mir das sehr verdächtig vor.

Wie eng ist Ihr Kontakt zur Regierung? Offenbar ist sie vorwiegend mit den FARC beschäftigt.

Ja, vielleicht gibt es ja einen weiteren Beauftragten für uns, oder der jetzige findet mehr Zeit, um mit uns zu reden.

Was fordern Sie für die Freilassung des vor drei Wochen entführten Senators Espinosa?

Man soll die Vertriebenen aus dem Süden der Provinz Bolivar respektvoll behandeln, ihnen zuhören und ihr Problem lösen. Diese Bauern können nicht mehr in ihre Heimat zurück, weil sich dort Armee und paramilitärische Privatarmeen aufhalten. Wenn diese Regierung tatsächlich das Heer kontrolliert, soll sie seinen Abzug von dort anordnen. Hier zeigt sich, wie stark der Präsident tatsächlich ist. Interview: Gerhard Dilger