Vorweggenommene Zukunft

Sechs Schweizer Twikes demonstrieren: Das 0,8-Liter-Auto ist machbar  ■ Von Malte Weber

Das Dreiliter-Auto ist immer noch Zukunftsmusik in den Konzernetagen der deutschen Automobilindustrie, da rollt schon das 0,8-Liter-Auto daher. Zum Beispiel über Hamburgs Mönckebergstraße. So geschehen gestern morgen. Ganz leise bahnten sich da sechs sogenannte Twikes ihren Weg bis zur Spitalerstraße. Dortselbst begrüßte Umweltsenator Alexander Porschke (GAL) die Elektromobile mit zusätzlichem Pedalantrieb als ein „Stück vorweggenommene Zukunft“.

Gestartet sind die sechs in der Schweiz entwickelten Twikes bereits am 1. Juli in Bern. Von dort führte ihre Expedition sie über Tschechien, Polen und Rußland, Finnland und Schweden bis hinauf zum Nordkap. Durch eigenes Strampeln konnten die Twike-FahrerInnen den Fünf-Kilowatt-Elektromotor so entlasten, daß dessen Reichweite mehr als 80 Kilometer beträgt. „Zwei Stunden fahren, zwei Stunden laden – da lernt man die Urlaubsländer ganz anders kennen“, beschreibt Francois Loeb, Expeditionsleiter und Schweizer Nationalrat, die bisherigen 58 Tage der Twike Challenge 1998.

„Besonders auf dem Land war unser Auftauchen etwas Besonderes.“ Bei einem Bauernhof habe die alte Bäuerin „Ufos, Ufos“ geschrien, schildert Loeb. Verwunderung über die kleinen, wendigen Gefährte gab es auch bei den PassantInnen in Hamburgs Innenstadt. „Da ist ja gar kein Lenkrad drin“, wunderte sich etwa ein Passant über die Joystick-ähnliche Lenkstange.

„Durch Seitwärtsbewegungen des rechten Arms steuert man den Wagen. Der obere Knopf beim Zeigefinger ist das ,Gaspedal', darunter sitzt die Generatorbremse, die die Energie beim Bremsen wieder in die Akkus lädt“, erklärt Bernd Werner den interessierten BetrachterInnen. Der 29jährige Hesse aus Rosenthal ist einer der beiden Techniker der Tour, der die ganzen 71 Tage dabei sein will. „Wir sind mit neun bis zwölf Personen unterwegs, weil die meisten nicht soviel Zeit am Stück freihaben“, beschreibt er die Zusammensetzung des Teams.

Viel zu reparieren gab es bei den überrollsicheren Dreirädern mit einer Höchstgeschwindigkeit von 85 Kilometern pro Stunde allerdings nicht: „Wir hatten drei oder vier Platten, die uns immer beim Aufladen auffielen“, erklärt Werner stolz. „Das sind unglaublich wenig Pannen bei Tagesetappen von durchschnittlich 250 Kilometern.“ 240 Kilo leicht ist der Zweisitzer Twike. Kauft man sich eins der 30.000 Mark teuren Gefährte, so sind die ersten fünf Jahre steuerfrei. Danach werden 22 Mark Steuern im Jahr fällig. Die Versicherungskosten für das Cabrio-Hybridfahrzeug mit etwa 1,50 Mark Energiekosten auf 100 Kilometer liegen bei 200 Mark. Und Werner verrät: „Wenn ich bergab den Motor ausschalte, schaffe ich strampelnd 105 Stundenkilometer.“

Twike-Probefahrten sind nach Absprache bei Zweirad und Zukunft, Gaußstraße 19, möglich.