Geparden streicheln in Afrika

■ Der Bremer Erzähler Colin Böttger stellt seinen ersten Roman vor: Darin hat sich eine Gruppe von Elf- und Zwölfjährigen eine eigene Welt geschaffen, doch ein Jugendroman ist das Buch nicht

Colin Böttger ist ein Erzähler. Fragst Du beispielsweise nach seiner Vita, dann kommen bald nach den üblichen Daten – geboren, gezogen und gebildet – zahlreiche Geschichten und Geschichtchen. Besonders unterhaltsam sind die aus der Arbeitswelt. Komisch eigentlich, daß gerade die, wenn sie gut erzählt werden, etwa wie vom „Faktotum“ Bukowski oder vom aufstrebenden Bremer Romancier Böttger, so unterhaltsam wirken kann.

Böttger hat nicht nur bei der Hamburger Müllabfuhr einiges gesehen. Nicht, daß das was mit seinem ersten Roman zu tun hätte. „Der verschlossene Wald“, so heißt das Debüt, trägt zwar autobiographische Züge, hat aber eine andere Wirklichkeit, ein anderes wahres Leben zum Inhalt.

Eine Gruppe von Jungen im Alter von elf und zwölf Jahren hat sich in einem Waldstück eine Welt mit eigenen Gesetzen und Regeln eingerichtet. Diese selbstinszenierte Sphäre wird nicht nur durch das Erwachsenwerden bedroht. Die Jungen aus dem verschlossenen Wald sehen sich immer wieder vor die Tatsache gestellt, daß sie eben nicht einfach den eigenen Willen vollziehen können, sondern dabei auf Grenzen stoßen, die eben wieder von Erwachsenen gesetzt werden.

Das Alter der Figuren und ihre Abgrenzung von dem, was jenseits der Pubertät liegt, dürften die Gründe dafür gewesen sein, daß der Verlag den Roman als Jugendroman ankündigt. Auch wenn er gar nicht als solcher gedacht ist. „Wenn es denn ein Jugendbuch ist“, meint Colin, „dann heißt das für mich, daß ein gutes Jugendbuch auch für Erwachsene interessant ist.“

Der Verlag ist der erst seit wenigen Jahren in Bremen ansässige Atlantik-Verlag, unter anderem mit der deutschen Ausgabe der Malcolm X-Bio von Alex Haley in Erscheinung getreten.

Bis Colin Böttger sein Werk vertrauensvoll in die Hände besagten Verlages legen konnte, hatte er natürlich den obligatorischen Leidensweg eines hoffnungsvollen Autors zu gehen. Nach ein paar Kurzgeschichten in „Krachkultur“ und anderen Literatur-Fanzines kamen einige Lesungen, viele Limericks und noch mehr Absagen.

„Meistens hatten sie noch nicht mal den Umschlag mit dem Manuskript geöffnet. Dann bin ich auf den Atlantik-Verlag gestoßen. Der hatte den Vorteil, daß ich da auch persönlich hingehen und Druck machen konnte. Es hat aber Wochen gedauert, bis die sich entschlossen hatten, da überhaupt mal reinzusehen.“

„Ich habe mir das Schriftstellerdasein immer ganz toll vorgestellt“, erinnert sich Colin amüsiert. „Ich dachte, Schriftsteller sind Leute, die in Afrika Geparden streicheln. Aber bei mir war es doch langweiliger. Ich mußte immer jobben. Und das wird sich auch nicht ändern.“

Und so spielt er eben den Handwerker, „auch wenn ich davon überhaupt nichts verstehe. Oder ich gebe Tennisstunden, all sowas.“

Die Tennisstunden werden – natürlich – besser bezahlt als das Einbauen von Toilettentrennwänden, aber leben kann Colin davon – natürlich – ebensowenig wie vom Schreiben.

Das nächste Buch, eine Art Fortsetzung, ist aber schon in Arbeit. „Die Leute aus dem ,verschlossenen Wald' spielen mit, sind aber inzwischen sechs oder sieben Jahre älter“, sagt Colin. Mehr will er nicht verraten. Andreas Schnell

„Der verschlossene Wald“ erscheint im Atlantik-Verlag und kostet 24,80 Mark