Institut für Zoo- und Wildtierforschung

Eine Boa constrictor mit Amöbenruhr, eine Pute mit Tuberkulose und ein Tiger mit Magengeschwüren – für die Veterinärpathologin Jutta Wisser ist das Alltag. 40.000 Tiere haben sie und ihre KollegInnen seit 1958 im Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) obduziert, das zu DDR- Zeiten noch „Forschungsstelle für Wirbeltierforschung (FWF) hieß. Die Erkenntnisse der Sektionen wurden akribisch dokumentiert. In den Schränken des Instituts lagern die Forscher histopathologische Schnittpräparate. Seit den achtziger Jahren wurden auch ganze Organe systematisch gesammelt – eingelegt in Formalin und fest verschweißt in Plastikbeutel. „Unsere Sammlung ist einmalig. Selbst Leute aus Amerika interessieren sich dafür“, sagt Wisser.

Die meisten Präparate lebten vorher in ostdeutschen Zoos. Während in der DDR jährlich etwa 1.200 Obduktionen stattfanden, sind es gegenwärtig nur noch halb so viele. Etwa zehn Prozent des Forschungsetats gibt das IZW heute für diesen Bereich aus; vor der Wende lag hier der Schwerpunkt des Instituts. Seit 1992 konzentriert sich das IZW auf die Erforschung lebender Tiere und ganzer Ökosysteme. Analyse statt reine Beschreibung lautet jetzt die Devise für die etwa dreißig Wissenschaftler. Etwa jeder fünfte von ihnen stammt aus Westdeutschland. Die Synthese verkörpert Institutsdirektor Reinhold Hofmann: Er arbeitete zuvor an der Universität Gießen, lebte aber bis zum Abitur in Thüringen.

Um die aus den Obduktionen gewonnenen Erkenntnisse weltweit zugänglich zu machen, hat das Institut eine Datenbank erstellt, die demnächst auch per Internet abgerufen werden kann. Wer die gesuchte Tierart angeklickt hat, kann unter dem entsprechenden Organ und den Krankheitssymptomen die in Berlin erforschten Fälle abfragen. Präsentiert werden etwa typische Gewebsaufnahmen und die Ergebnisse bakteriologischer Untersuchungen.

So erfährt der interessierte Tierarzt – hoffentlich rechtzeitig –, daß ein gesundes, gutgenährtes Lama an Magengeschwüren und verfetteten Leberzellen sterben kann, wenn es unreife Eicheln frißt. Ungeklärt ist dagegen noch, warum viele Spitzmaulnashörner in Gefangenschaft an einer Krankheit eingehen, bei der die roten Blutkörperchen der Dickhäuter zerstört werden. Man vermutet Streß als Ursache. Annette Jensen