Eine "Stadt in der Stadt" der besonderen Art

■ Das Dienstleistungszentrum "Focus Teleport" feiert seinen zehnjährigen Geburtstag. In Tiergarten wurden auf einem brachliegenden Industriegelände "unter einem Dach" innovative Betriebe der Komm

Auf der Suche nach neuen baulichen Konzepten für die „Dienstleistungshauptstadt“ tut man sich in Berlin schwer. Was entsteht – auf Industriebrachen in Reinickendorf, Spandau, an der Landsberger Allee, in Friedrichshain oder in Köpenick –, sind kaum mehr als multifunktionale Bauwerke im herkömmlichen Sinne mit etwas zusätzlichem Schnickschnack. Viel Glas, schicke Foyers, etwas Technik oder das begrünte ökologische Dach neben dem sanierten Altbau und variable Flächen bilden den Rahmen für unterschiedliche Nutzer und Firmen. An Innovationen mangelt es, trotz eines beachtlichen Vorbildes, dessen Idee zumindest kopiert wird: der Focus Teleport an der Stromstraße.

Vor genau zehn Jahren entstand im Bezirk Tiergarten mit dem Focus Teleport ein Dienstleistungsgebäude, das für die Stadt richtungsweisend werden sollte. Statt Firmen in eigene Gebäude zu pressen oder strukturpolitisch Unternehmen über die gesamte Stadt zu verstreuen, konzipierten Planer und Architekten an der Spree eine städtebauliche Hülle, die unterschiedliche Nutzer quasi unter einem Dach zusammenfaßte. Von der Stromstraße wurde das weitläufige Gelände erschlossen, verschieden große Bauten reihten sich entlang an der Betriebsstraße. Zur Spree bildete das Dienstleistungszentrum den Abschluß mit Gebäuden, die nach außen signalisierten, was innen vor sich ging: Modernität und Innovation.

Die Vorstellung war, durch die spezifische Konzentration „Synergieeffekte“ zwischen den jeweiligen Firmen entstehen zu lassen. Unternehmen der Elektronik- und Kommunikationsbranche sollten dort nicht nur produzieren, sondern zugleich ihre unterschiedlichen Produkte und Geschäftsinteressen miteinander verweben. Kurze Wege, geringe Liefer- und Wartezeiten, Informationsaustausch waren angesagt.

Heute residieren auf dem Gelände am Spreeufer unter den 120 Unternehmen Firmen wie Microsoft, Toshiba, SAP, Daimler-Benz, Beta Systems und andere mit 2.500 Arbeitsplätzen, die damit einen wirtschaftlichen Schwerpunkt bilden: Concentrate identity.

Daß darüber hinaus auf dem Areal noch Flächen entstanden und Branchen angesiedelt wurden, die für unterschiedliche Nutzer von Bedeutung sind, nämlich Studiotechnik, Tagungsräume, Büros, Copy-Shops, Kanzleien, Gastronomien und Läden, hat eine „Stadt in der Stadt“ der besonderen Art entstehen lassen, die mehr ist als nur Arbeitsstätte. Ausgangspunkt für das 1987 begonnene Projekt, erinnert Hans Karl Herr, Vorstand der Itag AG, „war sowohl eine Studie des Senats als auch ein städtebauliches Entwicklungskonzept“ für ein ausgedientes Industriegelände, das nicht der Ödnis preisgegeben werden sollte.

Nach der Aufgabe der Produktion durch die Kampffmeyer- Mühle in den achtziger Jahren, verfolgten der Senat und die Itag ein Konzept zur „Revitalisierung“ des Standorts. Die nutzbaren Altbauten wurden erhalten, unbrauchbare – trotz manchem denkmalwerten Bau – abgerissen und Neubauten in die Baulücken plaziert. Herr: „Die Leitidee war, fexible Grundrisse zu schaffen und Raumgrößen der unterschiedlichsten Art bereitzustellen“, damit die erhoffte differenzierte Nutzerstruktur darin Platz finden konnte.

Entstanden sind, auf fast zweieinhalb Hektar Fläche, jene fast schon stadtbildprägenden backsteinroten Bauten, die heute zu 95 Prozent vermietet sind – ein Spitzenwert in der Hauptstadt des Flächenleerstands.

Als besonders wichtigen Standortvorteil, sagt Wolfgang Merker, Leiter der Informationstechnikabteilung bei Daimler-Benz, sei die zentrale Lage und die Nähe zu den Hochschulen. „Die Nähe zu der Technischen Universität und anderen Forschungseinrichtungen, mit denen wir zusammenarbeiten“, bilde für die Arbeit im Teleport ein wichtiges Plus gegenüber wachsender Konkurrenz.

Zehn Jahre nach dem Einzug ist Focus Teleport noch nicht am Ende der Entwicklung angelangt. Hans Karl Herr schwärmt von Erweiterungsplänen, die in Zukunft in Angriff genommen werden sollen. Es werden nochmals rund 25.000 Quadratmeter Fläche neu geschaffen. Davon sind laut Herr bereits zwei Drittel vermietet.

Daß dabei eine der letzten großen Industriehallen fallen wird, an deren Stelle die neuen Bauten hochgezogen werden, ficht die Manager der Teleport GmbH nicht an. Immerhin, so Geschäftsführer Andreas Winkler, zeige man in der Halle noch eine Ausstellung. Die feiert aber nicht die heroischen Tage der alten Halle, sondern in der Schau „Vom Isolator zum Mikrochip“ die Zukunft. Rolf Lautenschläger