Eingedampft und eingedeutscht

■ Die TV-Version der Zeitschrift „MAD“ bietet auch nicht mehr als „gespielte Witze“. Die aber sind wenigstens aberwitzig (0.05 Uhr, RTL)

Folgender Ratschlag findet sich in der aktuellen Ausgabe des Satiremagazins Titanic: „Achtung: Stellen Sie am 29. August um 0.00 Uhr auf keinen Fall den Fehrnseher an – oder vermeiden Sie wenigstens den Sender RTL!“

Grundsätzlich ist das richtig. Samstags um Mitternacht sollte man Besseres zu tun haben. Die Kritik zielt aber darauf, daß RTL da die eingedeutschte Fassung der US-Comedy „MAD-TV“ startet. Das Comedy-Format ist zwar bei Humorkritikern verachtet, ein existentieller Unterschied zwischen handwerklich sauberen US-Comedys und eher mißlungenen heimischen Comedy-Versuchen wird bei „MAD-TV“ anschaulich. Wo ein Teil des Budgets in die Ausstattung fließt, verlangen Produzenten gerne, daß sich Kostüme und Studiodekorationen auch bezahlt machen.

Mit dieser üblichen Vorgabe gingen z.B. vor einiger Zeit die Macher der ARD-Comedy „Sketch up – The next Generation“ daran, Witzfilme zu machen, bei denen die Pointe kurz nach Beginn des Geschehens leicht erkennbar war und sich der Sketch im Schneckentempo aufs Ende zu bewegte. Zum Schluß stellten sich die Komiker ihrem Publikum, um dort ihr Leid zu klagen: Sie könnten leider keine komischen Sketche drehen, da sie längere Filme daraus machen müßten und eben nur kurze Witze komisch wären. Auch „MAD-TV“ arbeitet mit einer Komikertruppe, die in langen und kurzen Filmen „gespielte Witze“ darbietet. Doch wenn bei „MAD-TV“ der routinierte Konsument anfängt, eine bestimmte Pointe zu erwarten, kommt sie auch schon – die Handlung aber versteigt sich dennoch einfach weiter in aberwitzige Absurditäten.

Dieses Stilmittel hat „MAD-TV“ mit seinem Namensgeber, dem Satire-Comic MAD, gemeinsam. Leider wurde die deutsche Fassung laut RTL „auf den deutschen Humor zugeschnitten“ und „Gags, die in Deutschland nicht funktionieren“, neu geschrieben oder gekürzt. Insgesamt hat RTL 100 Stunden „MAD-TV“ gekauft und sie zu neun Stunden „eingedampft“. So läßt sich nur vermuten, wie sich das US-Original zu noch höherem Nonsens aufschwingt.

Damit den Zuschauern klar wird, warum „MAD-TV“ heißt, wie es heißt, werden bis zu vier kurze Zeichentrickfilme im Stil von MAD-Zeichner Don Martin oder des MAD-Klassikers „Spion & Spion“ einzugeschoben. Auch das MAD-Maskottchen Alfred E. Neumann wird einem in vielen inhaltsleeren Jingels nahegebracht. Dabei hat „MAD-TV“ doch selber große Namen im Ensemble. Zumindest Phil Lamarr, bekannt als „Deep Space Nine“-Barkeeper Quark, wird sich bei der unvermeidlichen „Star Trek“-Parodie seiner Fans sicher sein können. Nils Folckers