Triathlon ist nicht nur Ironman

Das Ziel des Kurzstreckentriathleten Stephan Vuckovic ist nicht Hawaii, sondern ein vorderer Platz bei Olympia 2000 in Sydney. Heute ist aber erst mal WM in Lausanne  ■ Von Frank Ketterer

Karlsruhe (taz) – Der verbandseigene Pressedienst fand deutliche Worte: „Deutsche Triathleten nur noch zweitklassig“, titelte Tria- Press unverhohlen selbstkritisch, als bei der EM Anfang Juli im österreichischen Velden wieder mal alles schiefgegangen war für die Athleten der Deutschen Triathlon Union (DTU). Und auch Martin Engelhardt, der Verbandspräsident, hielt mit seiner Kritik nicht hinterm Berg. Weit entfernt hätten sich die deutschen Dreikämpfer von der Weltspitze, geradezu einem Wunder käme es gleich, wenn einer der Ihren bei der Olympiapremiere in zwei Jahren mitkämpfen könnte um die Plätze auf dem Siegertreppchen.

Das sind nicht eben rosige Aussichten für Stephan Vuckovic; nicht für Sydney im Jahr 2000 und schon gar nicht für dieses Wochenende, wenn in Lausanne die Weltmeister über 1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren und zehn Kilometer Laufen ermittelt werden. „Platz sechs bis acht“ hat Bundestrainer Reinhold Häußlein als WM-Ziel für seinen Schützling ausgegeben, solches darf schon als eher optimistische Prognose gewertet werden.

Dabei verhält es sich keineswegs so, daß es Stephan Vuckovic an Potential mangeln würde für richtig große Taten über die Kurzstrecke, allenthalben Olympische Distanz genannt. Das hat der 26jährige erst im Vorjahr bewiesen, als er Zweiter wurde bei der EM und damit das beste DTU-Ergebnis seit langem erzielte. „Ein Erfolg, der mir gezeigt hat, daß ich auch bei Olympia vorne mit dabeisein kann“, glaubt Vuckovic. Eine Plazierung aber auch, die ihm offenbart hat, wie gleichgültig der Triathlon-Nation Deutschland solche Erfolge über die Kurzstrecke doch sind: Die Medien haben seine Leistung nur am Rande gewürdigt, potentielle Sponsoren so gut wie gar nicht. „Finanziell“, sagt Vuckovic, „geht es mir heute sogar schlechter.“

Triathlon in Deutschland, das ist eben mehr denn je Hawaii und Roth. Über 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und einen Marathon geht es dort, jede Menge Raum und Zeit also, um Legenden und Mythen zu bilden, aus denen sich hierzulande die ganze Sportart speist. Und um jene Ironman-Helden zu gebären, die Hellriegel heißen und Leder und Zäck. Die haben, losgelöst vom Verband, diesen verrückten Dreikampf längst zu ihrem Beruf gemacht, bei gut sechsstelligen Jahreseinkommen kann man das Geschäft durchaus als florierend bezeichnen.

Von solcherlei wagt Stephan Vuckovic noch nicht einmal des Nachts zu träumen, seine Tage sind ohnehin aufgeteilt zwischen Studium und Training, oft ist das Ergebnis in beiden Disziplinen nicht sonderlich befriedigend. Nach sechs bis sieben Stunden Training falle es einfach schwer, „sich auf irgendwelche Lernsachen zu konzentrieren“, sagt Vuckovic. Umgekehrt finde er in der heißen Phase vor Klausuren kaum Gelegenheit, in die Sportklamotten zu schlüpfen. „Das ist ein ständiger Spagat“, sagt der Mann, dessen Markenzeichen der kahle Schädel ist; nicht immer gelingt er, wie der Verlauf der bisherigen Saison ausreichend beweist: Bis auf die German Open in Hannover, die Vuckovic vor DTU-Kollege Ralf Eggert gewann, blieb er ohne nennenswerten Erfolg, was eine magere Ausbeute darstellt für einen – mittlerweile ehemaligen – Vizeeuropameister.

„Wenn ich mehr Zeit für die Vorbereitung hätte, würde die Sache auch besser klappen“, glaubt Vuckovic, professionelle Strukturen für Kurzstreckenathleten in Deutschland, derzeit so gut wie nicht existent, mahnt er an. Solche wiederum werden nur möglich werden, wenn Erfolge sich dauerhafter einstellen – und Medien und Sponsoren etwas mehr Interesse zeigen. Genau an diesem Punkt dreht sich die Sache im Kreis.

Ihn zu durchbrechen, wird es im Hinblick auf Olympia höchste Zeit. Sein Studium zum Wirtschaftsingenieur will Vuckovic deshalb möglichst im Winter abschließen, die dann noch verbleibenden eineinhalb Jahre bis Sydney ganz und ausschließlich dem Dreikampf widmen. Das könnte gerade noch reichen, um die ein- bis eineinhalb Minuten, die „Vucko“ derzeit auf die vorderste Spitze fehlen, aufholen zu können. Zumal er sich der Unterstützung des Bundestrainers gewiß sein darf, was im einst so zerstrittenen Verband bisher keineswegs selbstverständlich war: Erst Reinhold Häußlein, seit Januar DTU- Cheftrainer, hat die deutschen Triathleten wieder auf eine gemeinsame Linie eingeschworen – und auch trainingsmethodisch neue Weichen gestellt. „Seit er da ist, ist alles besser geworden“, sagt Vuckovic. Das soll möglichst bald auch für seine Resultate gelten.