Sozial Benachteiligte werden häufiger krank

■ Müttergenesungswerk legt eigene Zahlen zur Kinderarmut in Deutschland vor

Bonn (taz) – Armut gefährdet die Gesundheit. Das Müttergenesungswerk hat anläßlich der Diskussion um Kinderarmut in Deutschland diese Bilanz gezogen und eigene Zahlen veröffentlicht, die eine enge Beziehung zwischen Krankheit und Armut nachweisen. Für fast jede fünfte Mutter, die an einer Kur des Müttergenesungswerkes teilnimmt, sind finanzielle Probleme die Ursache für psychosomatische oder gesundheitliche Schwierigkeiten.

Kinder aus sozial schwachen Familien sind nach Angaben des Müttergenesungswerkes zunehmend chronisch krank. 1996 litten 60 Prozent an Asthma oder schwerer Bronchitis, 32 Prozent an Hautkrankheiten und Allergien. „Auffallend ist auch“, so die Geschäftsführerin des Müttergenesungswerkes, Bettina Stoll, „daß schwere Verhaltensstörungen und Mehrfacherkrankungen immer häufiger auftreten.“ Dabei wird der Zugang zu Kuren für armutsgefährdete Kinder nachweislich schwieriger. Die Kuranstalten schätzen, daß „die weit überwiegende Mehrzahl der Kinder... Angehörige der mittleren und oberen Schichten sind“.

Der Grund: Eltern armutsgefährdeter Kinder wissen zu wenig über ihre Ansprüche und können diese zu wenig durchsetzen. „Inzwischen werden bis zu 40 Prozent unserer Anträge von den Krankenkassen abgelehnt“, sagt Stoll. „Wir versuchen dann, Widerspruch einzulegen, aber gerade sozial benachteiligte Frauen halten diesen hohen bürokratischen Aufwand häufig nicht aus.“ Außerdem bezahlen nur noch die größeren Kassen den gesamten Beitrag zu einer Kur. Bis zu 4.000 Mark Eigenanteil können dann für eine Kur mit zwei Kindern zusammenkommen. Der Verband der Betriebskrankenkassen will von einer Benachteiligung sozial schwacher Familien nichts wissen. Pressereferent Andreas Kadelke sagt: „Sozial Schwache werden bei uns nicht gesondert unter die Lupe genommen. Aus unseren Statistiken können wir solche Zahlen nicht ableiten.“ Cornelia Fuchs