Marmor, Stein, Eisen und die Liebe bricht

■ AKAS und Kahrs – Eine Art Rosenkrieg im Herzen der Bremer Subkultur

Der letzte Samstag im August hatte ein letztes Mal zur gemeinsamen Aktion vom Viertel-Fossil Günther Kahrs und den anderen Mitgliedern des AKAS-Vereins herhalten sollen. Nun kam es nicht einmal mehr dazu. Um nicht auch noch am letzten Abend streiten zu müssen, einigten sich die Parteien auf Freibier und –buffet.

Langsam trank sich die eingeschworene Gemeinde kneipengegerbter Recken warm. Sie müssen gewußt haben, worauf sie sich einlassen. Eine Ansammlung von nach klassischem Verständnis gescheiterten Existenzen, denen der Keller in der Weberstraße Refugium und Zentrum ist. Am Ende sangen sie lauthals „Marmor, Stein und Eisen bricht“.

Wer nun wem in die Parade gefahren, wer sich ungebührlich in den Vordergrund gedrängt hat, das sind so Fragen, mit denen sich niemand so recht auseinandersetzen mag. Gewesen ist es natürlich letzten Endes keiner. Und beide Seiten treten nun an, es richtig zu machen.

Die Bewahrer des guten Namens AKAS („Alles Könnte Anders Sein“) rücken dabei noch nicht so richtig damit 'raus, was sie planen, kündigen aber eine 'AKAS-Unterwelt-Gala' an und werden die jedenfalls nicht im erwähnten Keller veranstalten. Auf ihrem Flyer steht's: „Raus aus dem Keller, rein in's Vergnügen“. Vergnügen: Ja, Lebensfreude: Nein. Die bleibt in den Händen der anderen Fraktion und im Keller.

Da hat jetzt nämlich Meister Propper den Mietvertrag, also den Daumen drauf. Hier wiederum könnte nun alles anders sein, wenn nicht Propper alte Tugenden tradiert, und weiter tut, was er sowieso schon immer tat. Slam-Poetry, Social Beat und wie die hippen Literaturformen so heißen, in denen sich Hippie-Romantik mit anakreontischer Lyrik mischt, um so eine Befindlichkeitsliteratur zu ergeben, die echt authentisch und nicht so gekünstelt wie die ganze Hochkultur, weil da ja auch die Grenzen mit der Moderne entschwunden sind.

Die Propper-Agenda jedenfalls ist umfangreich. Nachdem am 10. September um 20.33 Uhr im Lagerhaus unter anderem ein gewisser Hadayatullah Hübsch, bekennender Angehöriger einer moslemischen Splittergruppe und Schreiber von Gedichten, zu Gast gewesen sein wird, geht es im Oktober dann im frischgetünchten Keller weiter. Bis Mitte November ist an allen Wochenenden Programm. Literatur, Filme, Ausstellungen und, nicht zu vergessen, das Wahlkampf-Büro des Notorischen. Oberbürgermeister will er werden. Für den 10. 10. um (Achtung Humor!) 10 Uhr 10 abends ist CDU-Wonneproppen Ralf Borttscheller geladen. Vom taz-Kolumnisten UrDrü angeregt, vom Sponti Kahrs dankbar aufgegriffen, und wenn alles glattläuft, dann ... Ja, was dann eigentlich? Ist natürlich alles auch viel Spaß, hoho, aber ein Blick auf das Programm gewährt zwischen Terminen immerhin ein Zitat des 'Vereines zur Entschärfung gesellschaftlicher Konflikte e.V.', das vor Lebensfreude auch wieder nur so sprüht: „Sei freundlich zu unfreundlichen Menschen. Sie brauchen es am meisten.“ Weiter vorn heißt es: „Winkt dir das Glück, winkt einfach zurück.“ Genug? Oder vielleicht noch einen? „Propper-Dekade beginnt. Umschalten von Trauer & Leid auf Power & Freud.“

Was lehrt uns das? Vielleicht, daß gute Laune zu guter Laune führt, und daß Leute, die unfreundlich sind, ihre Lage verbessern können, indem sie sich einfach besser fühlen? Vielleicht, daß doch jeder seines Glückes Schmied ist, beziehungsweise selbst schuld, wo doch die Welt so schön und das Leben eine große Fiesta ist, nur daß es die anderen nicht gemerkt haben? Vielleicht, daß die, die sich darüber beklagen, daß Kahrs sich gern in den Vordergrund drängt, doch nicht so ganz falschliegen?

Feststeht, daß den Keller in der Weberstraße 44 nutzen kann, wer möchte, nur eben den Meister Propper kontakten muß, gewiß winkt er dann glücklich zurück. Und wenn nicht, dann trinken wir es uns schön. Andreas Schnell

Kellerwiedereröffnung, 2.10. ,21.11 h