Eine kurze Tour von Dianas Sterben Von Ralf Sotscheck

Die lukrativste Leiche der Welt hat heute Jubiläum: Vor genau einem Jahr ist Diana, geschiedene Windsor, gegen einen Pariser Pfeiler gerast worden. Mit der toten Prinzessin haben viele einen Reibach gemacht. Dianas Bruder zum Beispiel, der schmierige Graf Spencer, der den Familiensitz in Althorp zum Herzköniginschrein umbaute. Rund hundert Millionen Mark bringe ihm die tote Schwester im Jahr ein, wird geschätzt. Auf Althorp hat sie zwar nie richtig gewohnt – das Anwesen fiel ihrem Vater erst durch Erbschaft in die Hände, als sie 14 war und aufs Internat ging –, aber macht ja nichts. Für eine „kurze Tour von Prinzessin Dianas Leben“ reicht's allemal.

Ein Franzose hat jetzt eine „kurze Tour von Prinzessin Dianas Sterben“ organisiert. Emile Cacciari, Direktor des Odeon-Hotels, bietet eine kommentierte Fahrt entlang der Strecke an, die Diana und ihr Freund Dodi vor einem Jahr gefahren sind: vom Ritz-Hotel, dem Ort der letzten Speisung, über die Place de la Concorde an der Seine entlang bis zur Unterführung am Pont de l' Alma. Am 13. Pfeiler ein kurzer Stopp mit Blumenniederlegung, dann weiter zum Krankenhaus Pitie-Salpetrière, wo Diana gegen vier Uhr morgens für tot erklärt wurde.

Umgerechnet 45 Mark kostet die Trauertour. Wer es noch authentischer mag, kann die Fahrt gegen Aufpreis in einer schwarzen Mercedes-Limousine machen. Für das echte Diana-Feeling flößt man dem Chauffeur zuvor wohl ein Fläschchen Likör ein und schnallt sich nicht an.

Die Engländer halten die Sache für abgrundtief geschmacklos, was sie wahrscheinlich auch ist. Aber von Geschmackssicherheit kann bei den englischen Trauerprofis ebensowenig die Rede sein. Selbst ein Häufchen Hundekot würde dort zum Bestseller, wenn es in ein Herzförmchen gepreßt und mit dem Union Jack versehen würde. Cacciari verteidigt seinen Grufttourismus damit, daß die Kundschaft, vor allem die US-amerikanische und die englische, ihn praktisch dazu gezwungen hätte. „Wo ist der Eiffelturm, und wo ist der Pont de l'Alma? Das ist alles, was sie interessiert“, sagt er.

Die Diana-Groupies haben über dem Tunnel, nicht ganz auf Höhe von Pfeiler 13, ein Denkmal für die bambiäugige Prinzessin reklamiert. Ein ganz normales, nicht besonders hübsches Monument für die „französisch-amerikanische Zusammenarbeit von 1887 bis 1987“ ist von den Trauertrotteln mit Nachrichten ins Jenseits zugepflastert worden, weil es das nächstgelegene Denkmal war. „Dieses Denkmal wurde 1987 errichtet und hat nichts mit Dianas Tod zu tun“, mahnt ein Schild völlig vergeblich. Zum Glück ist sie nicht im Louvre an Bulimie gestorben.

Was die Engländer an Cacciaris Tour am meisten wurmt, ist die Tatsache, daß ein Ausländer mit der englischsten aller Rosen ein Geschäft macht – noch dazu ein Franzose. Die sind ja irgendwie mitschuldig an Dianas Tod, haben sie doch ihr Land zum Prinzessinsterben zur Verfügung gestellt. Und wer hat denn den mörderischen Pfeiler gebaut?

Cacciari betont, daß es bei seiner Todesfahrt sehr würdevoll zugehe: „Keine Musik und solch Zeugs.“ Nicht mal Elton John. Die Diana-Stiftung hat es dennoch abgelehnt, sein Geld zu nehmen. Damit wird er leben können.