■ Die Anderen
: Mit der schweren Krise in Rußland befaßt sich der „Observer“ / „La Repubblica“ greift die Haltung der internationalen Institutionen in den Finanzkrisen in Asien und Rußland an / „De Volkskrant“ zur Debatte um Entschädigung für Opfer des Naziregimes

Mit der schweren Krise in Rußland befaßt sich der britische „Observer“: Die Westen versagt in bezug auf Rußland. Jeder kann die politischen Risiken von galoppierender Inflation und wirtschaftlichem Zusammenbruch herunterbeten, doch sie werden allein als Rußlands Probleme dargestellt. Es wird ignoriert, daß Rußlands Zahlungsverzug bei bis zu 194 Milliarden Dollar Auslandsschulden bedeutende Gefahren für die westliche Wirtschaft bringt. Natürlich kann der Westen den Mund nicht allzu voll nehmen, weil er selbst nicht weiß, was zu tun ist. Der IWF und die G-7-Staaten wiederholen nur, daß die Reformen weitergehen müssen. Aber zur Krise kam es, weil Rußland nicht in der Lage war, Reformen fortzusetzen. Selten war die Linie des Westens in internationalen Angelegenheiten so durchsichtig dumm.

„La Repubblica“ greift die Haltung der internationalen Institutionen in den Finanzkrisen in Asien und Rußland scharf an: Die Diagnosen der westlichen Institutionen und ihrer Gurus sind auf verheerende Weise falsch. Beim Weltwährungsfonds in Washington muß reiner Tisch gemacht werden, bevor ihm neue Sanierungsmissionen rund um den Erdball übertragen werden. Glauben die officials des IWF tatsächlich, daß Rußland und Japan, Malaysien oder Korea, Indonesien oder Brasilien – um nur einige zu nennen – mit den Vereinigten Staaten eines Jefferson oder dem England von Gladstone und Ricardo vergleichbar sind? Sollten sie das wirklich glauben, dann wäre es geboten, sie auf kulturelle Umschulungskurse zu schicken, bevor sie weiteres Unheil anrichten.

Zur Debatte um Entschädigung für Opfer des Naziregimes schreibt „De Volkskrant“ aus Amsterdam: Bis vergangenen Monat versteckte sich die deutsche Wirtschaft hinter der allgemeinen Wiedergutmachung der westdeutschen Bundesrepublik. Bonn bezahlte unterm Strich ungefähr 110 Milliarden Mark an jüdische Opfer, was viel scheint, aber verglichen mit den 150 Milliarden, die jährlich in die Ex-DDR gepumpt werden, eher als Peanuts bezeichnet werden kann. Ermutigt durch den Erfolg amerikanischer Kläger, haben sich inzwischen Zwangsarbeiter und Angehörige von Holocaust-Opfern vereinigt und Anwälte eingeschaltet, die jetzt schon wissen, daß die deutsche Wirtschaft nicht wie die schweizerischen Banken mit zwei Milliarden davonkommen wird. Ebenfalls ein halbes Jahrhundert nach 1945 endete diese Woche in Berlin die zehnjährige Debatte über ein nationales Holocaust-Denkmal in einem voraussehbaren Debakel. Das unsinnige Denkmal könnte durch eine echte Geste ersetzt werden, eine monumentale Geste, die peinliche Prozesse überflüssig macht: Für die Opfer richtet die deutsche Wirtschaft freiwillig einen Fonds ein in Höhe der Kosten für ein Jahr DDR.