Kommentar
: Zwangsarbeit light

■ Im Alleingang höhlt Altona die BAGS-Richtlinien über zumutbare Arbeit aus

Es ist kein Problem in Hamburg, drei bis vier Jobs zu finden. Morgens Zeitungen austragen, Prospekte und Flugblätter verteilen oder anderer Leute Beete harken – wer derartiges erledigen mag, ist bei Betrieben und Gemeinden gern gesehen. Und die Altonaer Erwerbslosen müssen sich künftig sehen lassen bei Firmen, die solche Jobs anbieten. Ihr Sozialamt hat sie an ihre „Verpflichtung zur Selbsthilfe“ erinnert – und damit eine Ar-beitspflicht light verhängt.

Dabei muß niemand, der Arbeitslosenhilfe bekommt, einen Job annehmen, der nicht sozialversichert ist. Danach richtet sich die Hamburger Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS), und das hat Gründe: Joblose müßten sich sonst mit drei bis vier Mini-Stellen durchschlagen – und wären immer noch unversichert.

Genau das fordert das Bezirksamt Altona nun heraus, wenn es alle „Aushilfstätigkeiten und geringfügigen Beschäftigungen“ für zumutbar erklärt. Arbeitslose sollen also jede Stunde ihres Tages mit Jobs füllen, egal ob sie sozialversichert sind oder nicht. Lehnen sie ab, wird ihnen die aufstockende Sozialhilfe gestrichen. Das Bezirksamt höhlt so die Vorschriften der BAGS aus.

Durchdenkt man das bis zum bitteren Ende, nimmt es absurde Züge an. Denn auch RentnerInnen könnten noch arbeiten. Frauen beispielsweise, die lebenslänglich Küche und Kinder versorgt haben und nur wenig Pension bekommen, könnten Zeitungen austragen und sich so ein bißchen dazuverdienen. „Verpflichtung zur Selbsthilfe“ heißt auch das wohl im Behördenjargon. Judith Weber