Senat bittet Gewoba-Mieter zur Kasse

■ Verzinsung einer Tilgungshilfe für Sozialwohnungen führt dort zu steigenden Mieten / BewohnerInnen beschweren sich über Senat / Finanzressort lehnt jegliche Verantwortung ab

MieterInnen in rund 4.000 Gewoba-Wohnungen mit Sozialbindung mockieren sich zur Zeit über einen Erlaß aus dem Haus des Finanzsenators Hartmut Perschau (CDU). Den nicht gerade gut betuchten BewohnerInnen flatterte jetzt eine Mieterhöhung ins Haus. Etwa 50 Pfennig pro Quadratmeter müssen die Leute mehr berappen im Monat – bei größeren Familien kann sich das im Jahr auf bis zu tausend Mark summieren.

Damit wälzt die Gewoba neu entstandene Kosten durch eine aktuelle Verzinsung für ein Darlehen vom Land Bremen auf die MieterInnen in den Sozialwohnungen ab. In einem Schreiben heißt es, daß das Land beim Bau der Wohnungen Zins- und Tilgungshilfen gewährt habe. „Der Senator für Finanzen erhebt gemäß Wohnungsbindungsgesetz für das über die Jahre angelaufene Tilgungshilfedarlehen von insgesamt DM 4.835.343, 41 nun ab dem 01.09.1998 eine Verzinsung.“ Diese beträgt acht Prozent.

Rechtlich ist der Schritt abgedeckt, wenn die neue Miete nicht die gesetzlich vorgegebene Kappungsgrenze von derzeit 8,50 Mark überschreitet. Die betroffenen Wohnungen liegen darunter.

Dennoch verstehen einige der BewohnerInnen die Welt nicht mehr. Beispiel Rainer Lochner*: Für seine Sozialwohnung in Huchting entstehen 48 Pfennig Mehrkosten für jeden Quadratmeter. Der 35jährige muß diese allerdings nicht selbst bezahlen. Er bekommt Sozialhilfe. Die steigende Miete bezahlt das Sozialressort. Für ihn ist damit der Finanzerlaß absolut nicht nachzuvollziehen: „Dann zahlt die Landeskasse mir das Geld wieder, das sie über die Verzinsung reinholen wollte.“

In der Finanzbehörde will man sich diesen Schuh allerdings nicht anziehen. „Zum einen erzielen wir damit eine Gleichbehandlung mit anderen Sozialwohnungen beim Mietniveau“, sagt Susanne Möller, Referentin von Finanzsenator Perschau. Zum anderen würden die Wohnungsmieten nicht über die Kappungsgrenze springen.

Allerdings stellt sich tatsächlich die Frage, inwieweit sich die Verzinsung überhaupt im Bremer Haushalt auswirkt. Denn die Mieterhöhung wird wie im Fall Rainer Lochner entweder über die Wohngeldpauschale abgefedert oder bei SozialhilfeempfängerInnen aus dem Etat der Sozialbehörde. Im Klartext: Finanzsenator Perschau würde über die plötzliche Verzinsung kaum Gewinn für Bremen einstreichen, sondern lediglich Bausenator Bernt Schulte (CDU) oder Sozialsenatorin Tine Wischer (SPD) in die Tasche greifen.

Auch dies wird von der Finanzbehörde dementiert. Da nur zehn bis fünfzehn Prozent der MieterInnen ausschließlich von Sozialhilfe leben würden, könne von einem Griff in fremde Etats nicht die Rede sein. Rund 380.000 Mark pro Jahr betragen nach Auskunft der Finanzbehörde die Zinsen. 320.000 Mark davon kommen dem Bremer Etat zu Gute. Daraus folgt, daß lediglich 60.000 Mark jährlich aus dem Bau- oder dem Sozialressort von Senatorin Wischer abfließen.

Aus deren Behörde heißt es dazu nur, daß der Sozialetat im kommenden Jahr ohnehin neu verhandelt werden müßte. Gefährlich sei dagegen die Tendenz beim Bestand der Wohnungen mit Sozialbindung im Land Bremen. Gab es 1996 noch 50.000, sind es dieses Jahr nur noch 31.000. Laut Prognose sackt diese Zahl bis zum Jahr 2003 sogar auf 7.200 Wohnungen ab. „Wir brauchen mehr preiswerte Wohnungen“, so Joachim. ritz/Jeti

*Name von Red. geändert