Kaufen auch Sie ein Stück Partei!

Künstler übernehmen Schulden von Chance 2000. Partei von Christoph Schlingensief tritt doch zur Bundestagswahl an. Jeder kann Optionsscheine erwerben  ■ Aus Berlin Robin Alexander

Der Konkurs von Chance 2000 ist abgewendet. Gestern teilte der Parteigründer und Vorsitzende Christoph Schlingensief in Berlin mit, die Schulden von Chance 2000, immerhin 100.000 Mark, seien komplett beglichen. Die Partei mit dem Motto „Scheitern als Chance“ verfüge somit wieder über ein Grundkapital von 8.750 Mark. „Sieben Teilhaber“ hätten die Partei in letzter Minute vor dem Konkursrichter gerettet, berichtete Schlingensief. Wer die Teilnehmer konkret sind, wollte der Theater- und Filmemacher nicht sagen. Es handle sich um einen „Zusammenschluß dreier international arbeitender Independent-Labels aus Deutschland, Japan und England“, weitere Unterstützung komme von vier Unternehmen, erklärte Schlingensief lediglich. Die Unterstützer stammten alle aus dem Bereich der Kultur, einer sei ein „ehemaliger RAF-Sympathisant“.

Ein Geldgeber outete sich gestern selbst. Es ist der Regisseur Tom Tykwer. Der Träger des Bundesfilmpreises ist unter anderem der Macher von „Lola rennt“, zur Zeit in deutschen Kinos zu sehen. Über die Höhe seines Anteils wollte Tykwer nicht sprechen. Die Kredite, die Chance 2000 vor der Pleite retteten, sind „zinslos und nur bedingt rückzahlbar“, erklärte Christoph Schlingensief. Über die Motive möglicher Unterstützer hatte Schlingensief im Spiegel gesagt: „Es gibt Leute, die ertragen die Langeweile nicht mehr, die sich durch die ewige Betrachtung der Dax-Kurven eingestellt hat. Die entwickeln subversive Kräfte und sagen sich, bevor sie mit einem prallen Konto einschlafen, wollen sie lieber ins Leben zurückkehren.“ Auch Menschen mit nicht ganz so prallem Konto können Geld für Chance 2000 ausgeben. Schlingensief kündigte gestern die Ausgabe von Optionsscheinen im Wert von 30, 50 und 100 Mark an. Bei einem Zusammenbruch der neugegründeten Gesellschaft „Chance 2000 International“ gehen diese Optionsscheine allerdings „in den Bereich der Kunst“ über und werden wertlos.

Die „Privatisierung“ von Chance 2000 sei notwendig gewesen, um eine Konkursverschleppung zu verhindern, so Schlingensief. Nach der abgewendeten Pleite will er nun auch wieder den Parteivorsitz übernehmen, den er vor einer Woche niedergelegt hat. Außerdem ist er Direktkandidat im Berliner Wahlkreis Mitte/Prenzlauer Berg. Noch am Abend des 27. Septembers, unmittelbar nach der Bundestagswahl, will Schlingensief jedoch von allen Ämtern zurücktreten.