Beobachtet und doch nix gesehen

Wen noch bespitzeln? Weil der Berliner Verfassungsschutz keine neuen Erkenntnisse über die „Republikaner“ liefern konnte, verbot ein Gericht ihre Beobachtung  ■ Aus Berlin Dorothee Winden

Berliner Grüne und PDS halten den Verfassungsschutz nicht für ein geeignetes Mittel zur Bekämpfung rechtsextremistischer Parteien. Damit reagierten sie gestern auf ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts vom Montag, das dem Verfassungsschutz untersagt, den Berliner Landesverband der „Republikaner“ mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu beobachten (die taz berichtete). Auch der Berliner Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) erklärte, die Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen Parteien müsse politisch geführt werden. Er halte daran fest, daß die „Republikaner“ dem rechtsextremistischen Spektrum zuzuordnen seien. Schönbohm kündigte an, daß der Verfassungsschutz die Partei weiterhin beobachten und öffentlich zugängliche Quellen auswerten werde.

Renate Künast, Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen im Berliner Abgeordnetenhaus, bezeichnete das Verwaltungsgerichtsurteil gestern als angemessen. Die „Republikaner“ vermieden bewußt verfassungsfeindliche Äußerungen. Mit dem Verfassungsschutz sei ihnen daher nicht beizukommen. Innensenator Schönbohm müsse sich fragen lassen, warum er die Entscheidung zur Beobachtung jahrelang aufrechterhalten habe, ohne die Grundlagen zu prüfen. Jetzt stehe die Republik vor dem Dilemma, daß die „Republikaner“ kurz vor der Bundestagswahl per Gerichtsurteil die TÜV-Plakette für Verfassungstreue erhalten.

Künast verwies darauf, daß unter dem rot-grünen Senat 1989/90 die Beobachtung der „Republikaner“ ausgesetzt worden war. Unter CDU-Innensenator Dieter Heckelmann war sie 1992 wieder aufgenommen worden. Die Beobachtung der „Republikaner“ sei für die CDU „wie ein Ablaßzettel“, so Künast. Sie forderte eine Gesetzesänderung, wonach nur noch gewaltbereite rechte Gruppierungen vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollen.

Für den Berliner PDS-Fraktionschef Harald Wolf hat der Berliner Verfassungsschutz zum wiederholten Male seine Unfähigkeit unter Beweis gestellt. Er kritisierte aber auch CDU-Hardliner, die ähnliche ausländerpolitische Positionen vertreten wie die „Republikaner“ und diesen damit in die Hände spielten.

Für den innenpolitischen Sprecher der Berliner SPD, Hans-Georg Lorenz, ist das Urteil die Folge der „schlechten Arbeit“ des Verfassungsschutzes. Er warf der Behörde vor, nachlässig mit dem Bereich Rechtsradikalismus umzugehen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe 1997 zwei Klagen der „Republikaner“ abschmettern können, weil die Verfassungsschützer „besseres Material“ vorgelegt hätten. Die „Republikaner“ wollten erreichen, daß der bayerische Verfassungsschutz die Partei in seinen Berichten nicht mehr als „rechtsextremistisch“ bezeichnet werden darf. In der Hauptsache sind beide Verfahren allerdings noch nicht entschieden. Eine weitere Niederlage erlitten die „Republikaner“ vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg, das am 26. Juni 1997 eine Beobachtung des niedersächsischen Landesverbandes mit nachrichtendienstlichen Mitteln für zulässig erklärt hatte. Die „Republikaner“ haben Revision eingelegt.

Das Berliner Urteil ist der zweite gerichtliche Erfolg der „Republikaner“. Das Verwaltungsgericht Mainz hatte am 10. Dezember 1997 eine Beobachtung der Partei mit nachrichtendienstlichen Mitteln untersagt. Das OVG Koblenz hat Berufung zugelassen. Das Land Berlin wird, sobald das schriftliche Urteil vorliegt, prüfen, ob es in Berufung geht.