Justitia weilt hier nicht mehr

Empörung in Bad Bramstedt: Weil Schleswig-Holstein Geld für Knäste braucht, soll das Amtsgericht geschlossen werden  ■ Von Heike Haarhoff

Weil in Bad Bramstedt „die Gerichtsbarkeit abhanden“ kommen soll, hat sich Klaus Krüger entschieden, auf die Straße zu gehen. Mit mehreren hundert Rechtsanwälten, Richtern und Einwohnern versammelte er sich gestern abend zum „Protestmarsch“ auf dem Vorplatz des Amtsgerichts der schleswig-holsteinischen Kleinstadt, um gegen die geplante Abwicklung des Gerichts zu demonstrieren.

Daß es sich für Krüger als „büroleitendem Beamten“ der Stadt wenig geziemt, an solcherart Unmutskundgebungen teilzunehmen, ist ihm schnuppe; was zuviel ist, ist zuviel: „Unser Amtsgericht soll geschlossen werden“ – Krügers Stimme schwankt zwischen Empörung und Fassungslosigkeit.

Dabei soll der Ort, an dem jahrzehntelang Diebe und andere Missetäter verurteilt und Grundstückbesitzerwechsel in Bücher eingetragen wurden, nicht erst seit gestern aufgegeben werden. Bereits am 27. Mai entschied das schleswig-holsteinische Landeskabinett, aus Kostengründen eins der 28 Amtsgerichte im nördlichsten Bundesland abzuwickeln. Die Wahl fiel auf Bad Bramstedt. „Wir müssen eine sozialtherapeutische Anstalt“ für Sexualstraftäter bezahlen, weil das Sexualstrafrecht entsprechend geändert wurde, begründet der Sprecher des Justizministeriums, Christian Frank, weswegen eine „Gegenfinanzierung“ dringend nötig ist. Außerdem brauche das Land Geld, um seine Knäste sicherer zu machen. Alles gute Gründe, das Amtsgericht zu schließen, findet Frank, zumal das Gebäude dringend renovierungsbedürftig sei. „Allein durch den Verzicht auf den Neubau sparen wir einen zweistelligen Millionenbetrag.“

„Wir fühlen uns getäuscht vom Land“, hält Klaus Krüger dagegen. Die 12.500 Bad Bramstedter und die Einwohner der Umlandgemeinden müßten nun nach Bad Segeberg, Neumünster oder Norderstedt ausweichen. Zwar habe das Amtsgericht Bad Bramstedt viele „Schöffen- und Familiensachen“ zuletzt gar nicht mehr selbst bearbeitet, doch „die bürgernahe Verwaltung, die überall propagiert wird, geht verloren“. Die „Schwerfälligkeit“ andernorts habe man in Bad Bramstedt nie gekannt.

„Wir sind eine expandierende Stadt“, sagt Krüger, „wegen der günstigen Baulandpreise und der Nähe zur Autobahn 7.“ Zig Grundbucheinträge seien da nötig – für die die Betroffenen ungerechterweise künftig „weite Wege“ in andere Städte unternehmen müßten. Doch die Erfolgschancen, das weiß auch Krüger, sind gering: Die Bad Bramstedter, sagt er, hätten schon einen Brief an den Bundesjustizminister geschickt, auf daß dieser ein gerechtes Machtwort spreche – doch das Gesuch blieb bislang unbeantwortet.