„Alle Leute bleiben an Deck“

Lange war es nur ein Gerücht, jetzt ist es offiziell: Das Stadtmagazin „zitty“ geht beim „Tagesspiegel“ an Bord. Der konkurrierende „tip“ ist bereits mit der „Berliner Zeitung“ liiert  ■ Von Daniel Bax

Welch seltene Koinzidenz: Da gibt das bisher unabhängige Stadtmagazin zitty bekannt, daß es sich nun unter die Ägide des Holtzbrinck-Verlags begibt. Fast zeitgleich präsentiert sich die Konkurrenz vom tip in dieser Woche erstmals in vorsichtig generalüberholtem Layout. Mit einer neuen Anzeigenkampagne geht das Heft in die Offensive. Die traditionelle Konkurrenz zwischen den beiden Berliner Blättern tritt damit in eine neue Phase.

Was lange als brancheninternes Gerücht gehandelt wurde, ist seit Dienstag offiziell: Die Georg-von- Holtzbrinck-Gruppe, der bereits die Wirtschaftswoche gehört und die sich in den letzten Jahren den Berliner Tagesspiegel und die Hamburger Zeit aneignete, übernimmt nun auch das Berliner Stadtmagazin zitty. Damit festigt der Konzern nicht nur seine Position auf dem Berliner Pressemarkt, er zieht auch mit seinem wichtigsten Gegenspieler, dem Verlag Gruner & Jahr, gleich. Dieser hatte sich vor zwei Jahren den tip zugelegt, zwecks Verstärkung seines Hauptstadt-Hausblatts, der Berliner Zeitung. Nun teilen, den alteingesessenen Axel Springer Verlag mitgezählt, drei Medienkonzerne den Berliner Markt, der bis vor dem Mauerfall außerhalb der Stadt nur wenig Begehrlichkeiten weckte, fast komplett unter sich auf.

Um das ehemalige Alternativprojekt zitty wurde in den vergangenen Jahren verstärkt gebuhlt. Nicht nur Holtzbrinck legte bereits vor zwei Jahren ein Angebot vor, das die zitty-Eigner aber damals noch ablehnten. Auch Gruner + Jahr soll, trotz seines Engagements beim tip, Interesse bekundet haben. Für einen zweistelligen Millionenbetrag, so wird geschätzt, ging der Zuschlag nun an die Holtzbrinck-Gruppe, die rückwirkend zum 1. Juli 1998 alle Gesellschafteranteile übernimmt.

Freuen können sich darüber vor allem die bisherigen fünf Gesellschafter, die allesamt leitende Stellen im Verlag besetzen und ihren publizistischen Einfluß behalten wollen. Auch sonst „wird sich nichts ändern“, betont Geschäftsführer Nikolaus Ehrhart: „Alle Leute bleiben an Deck“, auch die bisherige, intern umstrittene Chefredaktion.

Ob sich für den Tagesspiegel durch das neue Mitglied in der Verlagsfamilie etwas ändern wird, steht noch nicht fest. Vorsichtig erklärte die Tagesspiegel-Geschäftsführung zwar in der eigenen Zeitung, sie könne sich prinzipiell „Synergien zwischen Ticket und zitty“ vorstellen. Eine Einstellung der glücklosen Kulturprogrammbeilage, die einmal als Alternative zu tip und zitty konzipiert wurde, steht aber noch nicht zur Debatte. Noch nicht.