Kein Knast am KZ

■ Neuengamme: Überlebende fordern Gedenkstätte statt Gefängnis

Für die eifrigen Bekundungen des amtierenden Senats, daß das Gefängnis auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Neuengamme bald von dort wegverlegt werden soll, hat Fritz Bringmann nur ein nachsichtiges Lächeln übrig. „Wenn das Gelände in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt ist, werden nicht mehr viele ehemalige KZ-Häftlinge am Leben sein“, sagte gestern der Vizepräsident der internationalen Organisation „Amicale Internationale KZ Neuengamme“ (AIN). „Und die letzten Überlebenden werden Schwierigkeiten haben, nach Hamburg zu kommen“.

Anläßlich des 50. Jahrestages der Errichtung des Gefängnisses bekräftigten die aus ganz Europa angereisten VertreterInnen von der AIN ihre Forderung, in Neuengamme endlich eine würdige Gedenkstätte zu errichten. Durch das Gefängnis werde der historische Ort geschändet, mahnte Bringmann. Die Geschichte des Ortes sei in den vergangenen 50 Jahren scheinbar ausgelöscht worden. Doch hier seien Menschen vergast worden – was von immer mehr Neonazis geleugnet werde.

Während des Nationalsozialismus wurden auf dem Appellplatz des Lagers zur Abschreckung Häftlinge ausgepeitscht und erhängt. Im Bunker wurden Gefangene erschlagen, erhängt, erschossen, vergast. Im Krankenrevier führten SS-Schergen medizinische Experimente durch und töteten arbeitsunfähige Gefangene durch Injektionen. Und genau dort sind heute Strafgefangene inhaftiert.

Seit Ende der achtziger Jahre verspricht die Stadt, das Gefängnis zu verlegen. „Wir finden beim Senat immer ein offenes Ohr, aber wir sehen keine Taten“, sagte Bringmann. Immer wieder seien finanzielle Argumente gefunden worden, um die Verlegung hinauszuschieben.

Der rot-grüne Senat hat nun erstmals Haushaltsmittel für die Verlegung des Gefängnisses nach Billwerder eingeplant. Im Jahr 2000 soll mit dem Neubau dort begonnen werden, drei Jahre später sollen die Gefangenen dann umziehen. Die Lagergemeinschaft hofft, daß der Zeitplan eingehalten wird. Neuengamme, so gestern der Präsident von der AIN, Robert Pincon, solle zu einem Mahnmal für ganz Europa werden.

Elke Spanner