■ Urdrüs wahre Kolumne
: Vorsicht, bissiger Hausherr

Hatte ich bislang befürchtet, daß der ziemlich unhanseatische Pfeffersack Klaus Peter Schulenberg wie ein chronischer Mitesser am Leibe Bremens haften würde, bis diese Geschäftsgrundlage durch Absterben des Wirtes entfallen würde, so hege ich jetzt doch Hoffnung, daß es dem Onkel KPS an den Kragen gehen könnte. Wer die wahren Fans der Rolling Stones beim Kartenvorverkauf mit Stehplatz-Tickets für über 100 Mark abzockt, also jene, die in ihrer Biografie „Sex & Drugs & Rock'n'Roll“ halbwegs ernst genommen haben und niemals „Satisfaction“ als Sparkassenschnösel oder lebenslanger Fließbandknecht bei Daimler fanden. Wer also bei Arbeitslosen und Altfreaks unbarmherzig zulangt, dann aber Vorzugskarten zum halben Preis für den Innenraum des Weserstadions über Firmenkontingente an die Besserverdienenden verhökert, der wird beim nächsten Kneipenbummel nicht länger auf die unendliche Geduld der Entrechteten zählen dürfen. Drück mal eben „Helter Skelter“ in der Music-Box ... Daß die taz von dieser Made im Speck der Popularkultur keine Pressekarten mehr bekommt, ist das größte Kompliment, daß dem Kulturteil gemacht werden kann! Womit hat man das verdient?

Der Eifer, mit der der sonst so bedächtig vorgehende Senat den Überseehafen verfüllen läßt, legt den Verdacht nahe, daß im Baggergut gleich noch diverse Altlasten entsorgt werden sollen: Hier wäre vermutlich eine Rund-um-die-Uhr-Beobachtung der Vorgänge durch ein Kommittee ehrenamtlicher Hafenkapitäne angesagt. Spätestens, wenn Frank Haller mit aktengefüllten Plastiktüten auftaucht, gilt sofortiges Handeln. Ändert sowieso nix mehr am Ausverkauf dieses Gemeinwesens, könnte aber unseren Kindern und Kindeskindern zeigen, wie der falsche Hase gelaufen ist.

Daß der AfB-Altenteiler und Bürgerschafts-Hinterbänkler Hänschen Ochs zu den Diäten auch noch seine Rente kassieren möchte – das mag von dieser Deiner Tageszeitung für kritisierenswert gehalten werden; menschlich dimensioniert ist solch Genöle nicht. Weiß der Kritikus etwa von den Begehrlichkeiten, die seitens der Kinder und Enkel auf ein Familienoberhaupt lauern? Da ist die neue CD-Rom, die Mofa-Reparatur und die Klassenfahrt nach Prag. Der Ehemann der Tochter bringt die Raten für das Reihenhaus nicht auf, beim Mittagessen im Kreis der Familie im Fischrestaurant Natusch ist dann schnell mal ein Tausendmarkschein weg ... Wer die Probleme der Senioren mit ihrer Nachzucht kennt, der hat Ehrfurcht vor schlohweißen Haaren und gönnt jedem Veteranen ein bißchen mehr: Und daß es solchen Nachschlag mit der großen Suppenkelle nicht für jeden geben kann, macht das Zulangen nicht unverständlicher. Vielleicht laufen beim Parlaments-Pensionisten Ochs ja auch schon die Raten für den LIFTA-Treppenlift ...

An einer Garagenausfahrt entdecke ich dieser Tage ein Schild mit dem Spruch: „VORSICHT, BISSIGER HAUSHERR. Wer hier parkt, fährt auf Felgen heim.“ Wenn die Automobilisten zu Feinden ihrer selbst werden, könnte sich die Umweltbelastung schon bald per Kannibalismus reduzieren.

Zu meinen Hobbies beim Stadtbummel gehört es, die Aufmerksamkeit von Ladendetektiven auf mich zu ziehen, und dadurch kenne ich wohl die meisten dieser Eckensteher in den City-Kaufhäusern. Eine gewisse Schäbigkeit strahlen sie fast alle aus. Der alkoholische Atem wird von den meisten nur unzulänglich durch intensives Kaugummischmatzen überlagert. Die nikotingelben Finger sind selten mit Eheringen bestückt – häufig aber mit Ringen, die einen Stimmungs-Stein tragen, auf dessen Verdunkelungsgrad man den Gefühlszustand ihrer Träger ablesen kann. Die Steine sind immer tiefschwarz. Soll man sie bedauern? Wenn die Supermarktkette Kaiser sich in Bremen jetzt erhöhte Fangprämien auslobt, ist das immerhin ein kleiner Trost für diese Wichte, die nachts von Philip Marlowe träumen und morgens mit Brechreiz erwachen. Schon wieder so ein Arbeitstag ...

Times, they are a'changing. Galt ich bislang in Podiumsdiskussionen und Expertenrunden noch als Experte für Jugendrevolte und alternative Bewegungen, so überraschte mich der NDR in dieser Woche mit der Bitte, an einem Fernsehgespräch mit Dr. Uta Ranke-Heinemann zur Frage der Altenfeindlichkeit teilzunehmen. Meine Rolle in der Nachfolge von Trude Unruh muß panthermäßig schon etwas überzeugt haben, denn an der Hotelbar meiner Schlummerstätte gab sich eine reizvolle junge Dame mit diesen Worten als Zuschauerin der Talkrunde zu erkennen: „Vielen Dank, daß Sie als alter Mensch so offen das Verhältnis zur jungen Generation angesprochen haben!“ Den Dank, Dame, begehr ich nicht. Noch nicht. Meint

Ulrich „Graukopf“ Reineking