Wenn Opa Luigi donnert

■ ... dann zittern die Vorstandsärsche. Roland-Center: Colani eröffnete Colani

Versuchen Sie mal, wie leicht das geht: die Mundwinkel runterhängen lassen und nuscheln, mein Gott, so tief ist er gesunken, daß er jetzt schon im Huchtinger Roland-Center sein abgelutschtes 70er-Design austellen muß, das man besser nicht anschaut, sonst wird man blind, und überhaupt, wann sagt endlich einmal jemand dem Onkelchen mit dem krummen Schnäutz und den schattigen Augen: Geh in Rente, Opa Luigi!

Nur: wenn Luigi Colani dann leibhaftig vor einem steht – nachdem Frau Kultursenatorin Kahrs ihn mittels der Sozigrätsche Es macht Spaß, in seinem Design-BMW zu sitzen, selbst wenn man ihn sich nicht leisten kann, weil man da über Visionen von morgen nachdenken kann eingeführt hat – also wenn Lutz Colani, der sich seit 1957, seit diesem legendären Colani-Alfa-Romeo „Luigi“ nennen darf, dann dasteht und den Mund aufmacht – dann bleiben du und ich und alle Huchtinger Spätblondierten und sogar Wackelgreise wie angedattert stehen. Dann ist nämlich Predigt.

Dann beugt sich ein barocker Einpeitscher über die Kanzel und donnert: Da müßte man mal mit der Kalaschnikow im Anschlag in die Vorstandsetagen stürmen. Warum? Weil die Scheißärsche, die an den Hebeln der Scheißmacht sitzen, ums Verrecken nicht dem Visionär Luigi Colani folgen wollen. Der wüßte, wie die Welt zu retten wäre, die die Gosse hinuntergeht.

Colani ist ein alter Rocker. Er nennt sich mal Kommunist, mal Nihilist, und sein Auftritt ist auch mit 70 Lenzen noch ein Ereignis. Den Wichsern von Ferrari gibt er Saures (ER hat den schnellsten Ferrari aller Zeiten gebaut, indem ER einen Testarossa zersägt und neu aufgebaut hat). Uns Doofies gibt er die Begriffe (Habt ihr's begriffen? Nein?? Ich werd's euch erklären.)

Zum Beispiel, wie man eine Stadt baut. So, wie er für die Chinesen eine Stadt baut bei Shanghai, der Grundriß ist der menschliche Körper. Kopf = Verwaltung. Lunge = Park. Pumpe = Kraftwerk. Genitalien = (dafür seid ihr noch nicht reif genug). Oder wie man eine Kamera baut. Das hat er den Japanern gezeigt. Macht jetzt alle Welt so. Bio-Design. Den Vorstandsärschen von Mercedes hat er schon vor 25 Jahren einen Stromlinien-LKW gebaut, der 30 Prozent weniger Sprit frißt. Jetzt, JETZT geht das Teil in Serie. Nebenbei verhandelt Colani mit Formel-1-Rennstallchef Frank Williams, weil Luigi im Urin hat, wie man ein Rennauto baut statt dieser Gurken mit der beschissenen Ärodynamik. Ein Blick auf die Natur - et voila.

Man könnte jetzt irren, indem man glaubte, der Colani sei durchgebrannt und anstaltsreif. Falsch! Luigi Colani, das ist ein dicker Stapel Seiten im großen Buch der Designgeschichte, der sich gegen's Abheften wehrt. Wahrscheinlich sind 98 Prozent seiner Worte heißer Wind und 98 Prozent seiner Prototypen grauenhafte Irrtümer. Doch mit dem Rest bewegt der Alte immer noch im Monat mehr als unsereiner im ganzen Leben.

Insofern sei ein Besuch des Roland-Centers zur Hebung der Bildung unbedingt empfohlen. Es finden sich dort sieben Meter lange Autos, Motorräder in der Form eines Hundegenitals, Möbel, ein Fahrrad, superschnelle Passagierflugzeuge, die noch in der Modellphase stecken. Eine Sammlung von Dinosauriern der Designgeschichte, die aber auch noch das hinterdümmste Landei an ...na? ...Colani erinnern. Doch ja.

Übrigens ist Luigi Colani seit knapp 10 Jahren Ehrenprofessor der Hochschule für Künste. Leider wurde der Professor seit Verleihung des Titels an der Hochschule nicht mehr gesehen. Das mag mit einem Rochus auf Bremen zu tun haben. Seinerzeit bot Colani dem damals schon marode darniederliegenden Stadtstaat seine Hilfe an: Er wollte in Bremen die Designzentrale des gesamten Universums einrichten. Er prophezeite hunderttausende von neuen Arbeitsplätzen. Die beschissenen Bremer Politikerärsche indes zauderten. Da ging Luigi nach Japan und gab 1,2 Millionen Schlitzaugen neue Arbeitsplätze. Zack.

Und nun noch eine Belustigung auf Kosten der SPD: Als neuestes Wahlplakatmotiv zeigen die Sozis ein futuristisches gelbes Auto, welches belegen soll, daß die SPD heute schon Visionen hat. Das Bild ist ein Colani-Entwurf. Satte DREISSIG Jahre alt! So jung der Colani. Oder so alt die SPD-Visionen. BuS

Roland-Center Bremen-Huchting, bis 19. September