„Hexen hat politische Dimensionen“

■ Attis alias Silke Beyn, neue Hexe und Diplompsychologin, über Rituale und Zauberei zwischen Psychotherapie und Politik

taz hamburg: Wie beginnt frau denn als neue Hexe so ihren Tag?

Attis: Wie andere Leute auch. Aber das Hexe-Sein durchzieht natürlich meinen Alltag. Bald feiere ich zum Beispiel mit meinen Hexen-Schwestern die Tag-und-Nachtgleiche. Da gehen wir an magische Orte, wie die Holmer Dünen bei Wedel – dort leben viele Kobolde. Neben dem Hexen für mich selbst arbeite ich mit KlientInnen.

Bei welchen Problemen ist denn Zauberei angebracht?

Ich kann keiner ihr Leben in Ordnung zaubern! Zu mir kommen viele Frauen mit Problemen in der Liebe. Für sie rufe ich oft die Venus an und die dreifache Göttin. Die Klientin wiederum soll genau formulieren, was sie erreichen will.

Klingt nach Psychotherapie.

Hexen ist so eine Mischung, kann aber kein Ersatz für eine Psychotherapie sein. Es gibt auch Menschen, mit denen darf man auf keinen Fall hexen, weil sie dann noch mehr abdrehen. Verwünschungen mache ich gar nicht.

Sie sind also eine „gute Hexe“?

Eine „neue“ Hexe. Die Bezeichnung haben wir gewählt, um von der Zeit der Hexenverbrennung wegzukommen, obwohl wir uns natürlich auf die historischen Hexen beziehen. Für mich hat Hexe-Sein auch eine politische Dimension. Ich bin über die Frauenbewegung dazu gekommen. Wir müssen die weibliche Energie des Wild-Anarchistischen wieder beleben – und in der diesseitigen Welt verankert sein. Dann kann Hexerei ganz praktisch helfen. Man muß natürlich daran glauben.

Per Ritual den Paragraphen 218 abschaffen?

Kann man machen. Wir haben einmal für eine Frau gezaubert, deren Mann sie bei der Scheidung über den Tisch ziehen wollte. Wir haben erreicht, daß am Ende nur Richterinnen über ihren Fall entschieden haben – zu ihren Gunsten.

Aber dafür braucht frau doch eher eine gute Anwältin.

Natürlich, die auch! Genauso kann Hexen politisches Handeln nicht ersetzen – Ritual im Wald und Demo gehören zusammen.

Mit welcher Politikerin würden Sie in dieser Hinsicht gerne mal hexen?

Mit Krista Sager, die find' ich spitze! Ich würde zu gern mal sehen, was sie für schöne Konstellationen in ihrem Horoskop hat.

Fragen: Heike Dierbach