Bei den Enkeln von Hundt und Henkel

■ Die Wirtschaftsjunioren Deutschlands fordern auf ihrer Jahrestagung „weniger Vollkasko und mehr Mut zum Risiko“

Frankfurt (taz) – Sie sind die Enkel von Hundt und Henkel: die rund 10.000 im Verband der Wirtschaftsjunioren in Deutschland (WJD) organisierten Unternehmer unter 40 Jahren. Und weil die Großväter im Wahlkampf die Partei mit den drei Punkten pushen, haben sich die Enkel zur gestrigen Eröffnung ihrer Bundeskonferenz in Frankfurt den liberalen Bundesaußenminister Klaus Kinkel in die Paulskirche geholt.

Der bedankte sich artig bei den Initiatoren und Sponsoren der Konferenz und verriet dann dem staunenden Publikum, daß er auf Reisen aus Gründen der Sicherung der eigenen Existenz immer diverse „Hasenbrote“ in seiner Aktenmappe bunkere. Zur Freude von Wirtschaftsjunioren und -senioren nannte Kinkel dann das Auswärtige Amt (AA) einen „Servicebetrieb für Unternehmen“. Er persönlich sorge nämlich dafür, daß „der Bomber voll ist“ mit mittelständischen Unternehmern. Und auch mit den Bossen der Konzerne, wenn es wieder einmal im Interesse der deutschen Wirtschaft zur Erschließung neuer Absatzmärkte ins Ausland gehe. Ovationen für Kinkel. Und Beifall auch, als der Minister überraschend erklärte, daß er „den Herrn Fischer“ außerordentlich verehre. Der „Herr Fischer“ saß auch im Auditorium. Der Herr „Dübel-Fischer“. Nicht Joschka Fischer von den Bündnisgrünen, der Kinkel im Herbst gerne beerben würde.

Daß die „Zeit aus den Fugen“ ist, hatte den jungen Unternehmern zuvor schon ein Schauspieler in einer kurzen Performance erläutert: Hamlet, der Prolog. Rußland, die Asien-Krise, Südamerika. Schlechte Zeiten seien das, so ohne Ordnung. „Und Deutschland ist Weltmeister in den falschen Disziplinen“, konstatierte der scheidende Bundesvorsitzende der WJD, Uwe Hannig: „Wir haben die kürzesten Arbeitszeiten und die höchsten Sozialleistungen, die ältesten Studenten und die jüngsten Rentner.“ Bafög bekommen und dann warten, bis Essen auf Rädern kommt? „Beharrungsvermögen statt Innovationsfreude“ kennzeichne die Situation. Und deshalb, zitierte Hannig Roman Herzog, müsse „ein Ruck“ durch die Gesellschaft gehen: „Was wir brauchen, was aber viele in unserer Vollkaskogesellschaft vergessen haben, ist der Mut zum Risiko.“ Daß ein Unternehmer auch Verantwortung zu tragen hat für „die Menschen, das politische Umfeld und das Gemeinwohl“ und nicht nur für die „Gewinnmaximierung“, hatte dem WJD zuvor IHK- Präsident Frank Niethammer ins Stammbuch geschrieben.

„Mut zur Verantwortung“ heißt das Konferenzmotto. Bis zum heutigen Abend werden in den Räumen der Industrie- und Handelskammer (IHK) diverse Fragen zu „Futureword“ diskutiert: Globalisierung, Internet – „Brainpower“ als Produktionsfaktor erster Ordnung. Und zum Abschluß die Podiumsdiskussion mit Ex-Forschungsminister Heinz Riesenhuber (CDU) und Norbert Walter (Deutsche Bank): „Wohin in aller Welt, Deutschland?“ Wohin in der Mainmetropole, WJD-Mitglieder? Erst einmal in die Nobeldiskothek „Dorian Gray“ am Flughafen. Dort sind Goldkettchen (Männer) Pflicht. Gold immerhin. Klaus-Peter Klingelschmitt