Schröders Devise: Rot-Grün gibt's erst ab Tempo 400

■ Der SPD-Kandidat will noch einmal mit Hochgeschwindigkeit Wählerstimmen sammeln und besteht auf dem Bau von Transrapid und Ostseeautobahn. Grüne lehnen „Vorbedingungen“ ab. Auch die SPD-Bundestagsfraktion ist gegen den Transrapid

Berlin (taz/dpa) – Bei der möglichen Bildung einer rot-grünen Bundesregierung werden die großen Verkehrsprojekte zu einem Zankapfel zwischen SPD und Bündnisgrünen werden. Die Absicht des SPD-Kanzlerkandidaten Gerhard Schröder, als Kanzler sowohl die umstrittene Ostseeautobahn A20 als auch die noch heftiger umstrittene Magnetschwebebahn Transrapid bauen zu lassen, hat gestern zu lauter Empörung bei den Grünen und zu leiser Empörung bei Teilen der Sozialdemokraten geführt.

In einem Interview mit der Zeitschrift Super Illu hatte Schröder auf die Frage nach seinen Plänen als Kanzler erklärt: „Ich stelle hier fest, die A20 wird gebaut und der Transrapid auch.“ Die übliche Einschränkung, dies passiere nur, wenn die Wirtschaft sich angemessen am Transrapid beteilige, fügte Schröder nicht an. Seine Partei stehe für wirtschaftliche Stabilität, Kompromißlosigkeit bei der Inneren Sicherheit und außenpolitische Kontinuität, erklärte der SPD-Kandidat. „Das ist die Bedingung dafür, daß wir überhaupt in Koalitionsverhandlungen eintreten“, so Schröder.

„Wir akzeptieren keine Vorbedingungen“, erklärte postwendend der Fraktionssprecher der Bündnisgrünen, Joschka Fischer. „Unsere Haltung zum Transrapid als auch zum Atomausstieg weicht von der Schröders ab.“ Bei der Ostseeautobahn signalisierte Fischer Verhandlungsbereitschaft. Diese Frage müsse „im Rahmen eines Gesamtverhandlungspakets zur Verkehrspolitik“ gelöst werden. Der Transrapid aber sei eine „Fehlinvestition“.

Das sagen auch Schröders Genossen. Der umweltpolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Michael Müller, bezeichnete gegenüber der taz den Transrapid als „Turmbau zu Babel und in seiner jetzigen Form unsinnig“. Auch die Fraktion stehe dem Milliardenprojekt „sehr, sehr kritisch gegenüber“. Das habe sich bei Abstimmungen immer gezeigt, sagte Müller. „Ich sehe nicht, daß sich das ändert.“ Auch die sozialdemokratischen Landesverbände der vom Transrapid betroffenen Länder Berlin, Hamburg, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg- Vorpommern haben sich gegen den Transrapid ausgesprochen. Noch 1994 hatte Schröders Niedersachsen im Bundesrat gegen den Transrapid gestimmt.

Inzwischen hat Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) versichert, die Finanzierungsverträge mit der Industrie würden in dieser Legislaturperiode nicht mehr unterzeichnet. Das Ministerium will erreichen, daß es bei der bereits festgelegten „angemessenen Risikoverteilung“ zwischen dem privaten Transrapid-Konsortium und der Deutschen Bahn AG bleibt. Trotzdem frönt Wissmann seiner Lieblingsbeschäftigung: Am Mittwoch soll in Berlin der erste Spatenstich für den Transrapid getan werden – obwohl es für die Strecke bisher kaum Planungsrecht gibt. bpo