Heimatverbundene Christdemokraten

Die CDU Wandsbek und ihr gespaltenes Verhältnis zum Schriftsteller Arnold Zweig  ■ Von Elke Spanner

Es gibt Dinge im Leben, die gehen einfach zu weit. Und der CDU in Wandsbek ging schließlich ihr eigener Vorschlag zu weit. Am heutigen Abend wird sie daher auf der Sitzung des Bezirksauschusses „für allgemeine Angelegenheiten“ kundtun, daß keinesfalls ein bislang unbenannter Platz mit dem Namen des Schriftstellers Arnold Zweig geschmückt werden dürfe. Denn der, so die CDU-Fraktionsvorsitzende Ingrid Voss, habe sich „einmal für den Schießbefehl an der DDR-Grenze und einmal für den Mauerbau ausgesprochen“, und derlei sei natürlich keine CDU-Politik.

Das fiel der Fraktion allerdings erst auf, nachdem sie selbst Arnold Zweig als Namensgeber vorgeschlagen und der zuständige Bezirksausschuß Anfang Februar mit den Stimmen von CDU, SPD und GAL dem einstimmig zugestimmt hatte.

Eigentlich ist die CDU in Wandsbek „sehr heimatverbunden“, sagt Voss. Alles was Wandsbek bekannt macht, „das finden wir gut“, und weil Zweig seinen Roman Das Beil von Wandsbek in diesem Stadtteil spielen ließ, fand die CDU ihn also gut. Der Koalitionspartner, die SPD, war zwar erst skeptisch. Schließlich lebte der Jude Zweig nach langen Jahren des Exils in der DDR, war dort nicht nur Präsident der Ost-Berliner Akademie der Künste, sondern zudem Abgeordneter der Volkskammer. „Wir waren deshalb erst mal vorsichtig“, beschreibt Fraktionschef Wolfgang Griesing das sozialdemokratische Zaudern. Denn: „Historisch haben die Konflikte zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten zum Verlust von Leib und Leben geführt.“ Doch da Das Beil von Wandsbek ein antifaschistisches Werk ist, seien die Sozis dann über ihren „eigenen Schatten gesprungen“. Sie stimmten Anfang Februar einmütig mit dem Koalitionspartner und der oppositionellen GAL für Arnold Zweig.

Somit glaubten alle schon an den koalitionsübergreifenden Frieden in Wandsbek, als die CDU plötzlich zu recherchieren begann. „Über Kanäle, die wir vorher nicht kannten“, so Voss mysteriös, habe die Fraktion erfahren, daß Zweig sich durch Äußerungen für Mauerbau und Schießbefehl stark gemacht habe. Erst hätten die Bonner CDU-KollegInnen die BezirksvertreterInnen mit der Nase darauf gestoßen, die hätten das dann von der Gauck-Behörde nachprüfen lassen. Die Berliner Außenstelle des Bundesarchivs habe schließlich Zweigs bedenkliche Haltung zutage gefördert. „Mit Rücksicht auf die Opfer des DDR-Regimes“ habe die CDU dann ihre Zustimmung zum eigenen Antrag zurückgezogen.

Somit sind die Sozialdemokraten umsonst über ihren Schatten gesprungen. Denn der Wandsbeker Koalitionsvertrag sieht vor, daß CDU und SPD einem Antrag nur zusammen oder gar nicht zustimmen dürfen. Auch sie werden heute also dagegen votieren. Schlimm findet SPD-Chef Griesing das nicht. Ein Symbol für antifaschistisches Wirken zu schaffen, sei in Wandsbek ohnehin nicht so drängend, denn „es gibt schon eine von-Ossietzky-Strasse“.