Alle Talkmaster wollen Maren Valenti

■ In der Eishockeybundesliga ist sie die erste Frau. Aber ihre Lieblingsuhr ist verschwunden

Berlin (taz) – „So fängt's an“, sagt Maren Valenti. Sie erzählt dann, wie empört der Vertreter ihres neuen Sponsors war, als er an ihrem Handgelenk die modische Plastikuhr eines anderen Herstellers entdeckte. Die Uhr, die sie „einfach geil“ fand, ist seither verschwunden. Der Sponsorenvertreter zückte prompt einen Chronographen seines Arbeitgebers, der nun Valentis Handgelenk schmückt. „Das ist eigentlich eine Männeruhr, glaube ich. Aber schlecht ist sie nicht, oder?“, findet sie.

Drei Wochen lang hat Valenti, Deutschlands beste Eishockeyspielerin, die Saisonvorbereitung zusammen mit dem DEL-Team der Berliner Eisbären bestritten. Vergangenen Donnerstag kam sie im Rahmen eines Vorbereitungsturniers sogar zu einem vielbeachteten Einsatz für die Berliner. Der Auftritt war zwar nur einige Sekunden lang, dafür aber äußerst spektakulär. Ohne ein einziges Mal den Puck berührt zu haben, wurde sie vom Torhüter der Kassel Huskies mit einem Crosscheck hinterrücks zu Boden gestreckt.

Selbst einen Vertrag für die kommende Saison hatte man ihr zu Beginn der Testphase in Aussicht gestellt. Geglaubt hat daran keiner der Beobachter. Aber immerhin: Keine Frau vor ihr hat es bislang in Deutschland geschafft, in einer professionellen Männer-Eishockeymannschaft mitmischen zu dürfen. Einige Kleinigkeiten haben sich seitdem in ihrem Leben verändert. Wenigstens klingt es wie eine Nebensächlichkeit, wenn sie konstatiert, aufgrund des neuen Sponsorenvertrages vorerst nicht mehr arbeiten zu müssen.

Selbstverständlich muß sie sich nun über Dinge Gedanken machen, die bislang irrelevant waren. Den Wunsch eines Fotografen, nach dem Training einige Porträtaufnahmen ohne Helm von ihr zu machen, weist sie mit Bedauern zurück. Sie hat lediglich ihre Freizeitgarderobe dabei, und an der fehlen nunmal die Sponsorenschildchen am Revers. Ihr sei das natürlich völlig schnuppe, aber auf Ärger mit den zahlenden Firmen habe sie wirklich keine Lust.

Es könnte nun der Eindruck entstehen, Maren Valenti sei eine junge Frau, der der plötzliche Ruhm zu Kopf gestiegen ist und die mit gen Himmel gerichteter Nase herumläuft und alles tut, um möglichst viel Geld zusammenzuraffen. Ist sie nicht. Im Gegenteil. Völlig normal ist sie geblieben. Sie hat lediglich die Gesetze des Mediengeschäfts durchschaut. Sie sucht die Öffentlichkeit nicht, aber sie meidet sie auch nicht. Schließlich weiß sie, daß die anderen verrückt spielen und nicht sie selbst. Wie damals: „Ich war mit 13 die jüngste Teilnehmerin der WM. Da sind die Medien auch völlig ausgetickt, und ich bin normal geblieben“, sagt sie.

Für Valenti war das Engagement bei den Eisbären von Anfang an mehr als ein PR-Gag. Sie witterte vielmehr die Chance, sich mit ihrem Hobby ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und das ist ihrer Meinung nach „das geilste, was einem passieren kann“. Dennoch war sie nie bereit, alles mitzumachen. Sitzt man ihr gegenüber, merkt man, daß sie die Regeln diktiert. Als RTL2 anfragt, ob sie sich bei ihrer Spielvorbereitung in der Umkleidekabine filmen ließe, zieht sie während des Telefonats Grimassen und gibt zu verstehen, daß sie für derlei „Hampeleien“ nicht zur Verfügung stehe.

Unabhängig will Valenti sein. Eine normale Ausbildung oder ein Studium reizen sie aber herzlich wenig. „Schon an der Schule hatte ich überhaupt kein Interesse“, läßt sie wissen.

Mit der völligen Unabhängigkeit wird sie sich allerdings noch ein wenig gedulden müssen, und vollends gesichert ist ihre Zukunft noch nicht. Zum einen hat sie ja bereits die Erfahrung machen müssen, daß Sponsorenverträge alles andere garantieren als totale Freiheit. Und DEL-Profi ist sie auch nicht geworden. Dennoch hat sich das Intermezzo in Berlin für sie vollauf gelohnt. Völlig neue sportliche Perspektiven haben sich ihr eröffnet. Am Freitag unterzeichnete Valenti einen Vertrag beim EHC Freiburg – für das Bundesligateam der Männer. Ob sie bei ihrem neuen Verein über Kurzeinsätze hinauskommt, darf bezweifelt werden. Zweifellos kann sie aber auf diese Art die Zeit bis zu ihrem nächsten großen Projekt überbrücken. In Nordamerika laufen die Vorbereitungen für eine Frauen-Profiliga, die im nächsten Jahr ihren Spielbetrieb aufnehmen soll. Valenti ist bei einigen Vereinen im Gespräch.

Eines hat Maren Valenti aber in jedem Fall geschafft: den vorübergehenden Aufstieg in die höchste deutsche Talkshowliga. Eine 21jährige als einzige Frau unter Männern im harten Eishockeygeschäft – das ist der Stoff, aus dem Talkgäste sind. Hinzu kommt, daß Valenti mit ihrem unkonventionellen Äußeren (orangegefärbte Haare und Unterlippenpiercing) sehr telegen daherkommt.

Die angesagtesten Fernsehplauderer stehen Schlange. Harald Schmidt, Johannes B. Kerner, Verona Feldbusch: Sie alle wollen Valenti in ihrer Show haben. Alles scheint nach Plan zu laufen. Aber was macht sie, sollte sich zeigen, daß nach dem ganzen Trubel auf Dauer mit dem Eishockey doch kein Geld zu verdienen ist? „Dann heirate ich einen reichen Mann“, sagt Valenti. Dann lacht sie. Michael Becker