Schröders pragmatischer Stamokap

■ Auch Niedersachsen setzt auf das Auto. Die Politik sichert dem VW-Konzern Subventionen, der Konzern dankt mit sozialer Sicherung

Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) pflegt die Autoindustrie mit einer Art von Staatswirtschaft. Immerhin arbeiten 85.000 Menschen in den fünf VW-Werken zwischen Emden und Salzgitter. Aktiv holte Schröder Anfang der Neunziger die Mercedes-Teststrecke nach Papenburg – gegen den Widerstand von Naturschützern und mit den Stimmen des damaligen grünen Koalitionspartners.

Mit knapp 20 Prozent am VW- Kapital ist Niedersachsen größter Einzelaktionär. Als zu teuer kritisierten die Grünen das Engagement des Landes, denn da kreditfinanziert, sei die Aktienaufstockung vom April 1998 „ein Geschäft zu Lasten Dritter“. In den VW-Aktien schlummert eine stille Reserve des Landes von 1,5 Milliarden Mark. Den Landeseinfluß sichert das VW-Gesetz. Es regelte 1960 die Privatisierung des Staatskonzerns, als 60 Prozent des Kapitals breit unters Volk gestreut wurden. Das Gesetz garantiert dem Land zwei Plätze im Aufsichtsrat.

Helga Schwitzer von der IG Metall begrüßt es, „daß Schröder auf den Industriestandort Niedersachsen setzt und nicht allein auf Dienstleistungen“. Dadurch seien in Krisen Jobs gesichert worden. Als im Werk Emden vor fünf Jahren 45 Prozent des Personals ohne Beschäftigung ausharrten, wären in normalen Konzernen die Werkhallen geschlossen worden, vermutet Metallerin Schwitzer. Und auch VW selber ist es zufrieden: „Sehr offensiv“ trete die Landesregierung auf, sei es für den Erhalt des VW-Gesetzes, sei es für die Arbeitszeitverkürzung. Volkswagen glänzt mit einer arbeitsplatzsichernden 4-Tage-Woche – die gleichzeitig die Personalkosten drastisch, es heißt, um jährlich 1,6 Milliarden Mark, absenkte.

Dabei ist die vielgepriesene Standortsicherung ein kostenintensiver Wettbewerbsnachteil. Und das Image der „state owned company“ belastet im Ausland. Andererseits ermöglicht das Staatsimage eine preiswerte Kapitalbeschaffung auf den globalen Finanzmärkten. Und auf der VW- Habenseite stehen auch meist klammheimliche Subventionen von Land und Kommunen. Der VW-Stamokap zwingt die Konzernspitze, konjunkturelle Dellen nicht allein mit spontanem Arbeitsplatzabbau und Betriebskürzungen zu beantworten. Damit steht Schröders Autopolitik – die jene seines CDU-Vorgängers fortsetzt – für eine zeitgemäße Variante staatsmonopolistischer Regulierung. Der ökonomischen Schlagkraft scheint es eher dienlich: Im Kalenderjahr 1997 lieferte VW weltweit 4,3 Millionen Fahrzeuge aus und konnte das bisherige Rekordergebnis des Vorjahres nochmals um sieben Prozent überbieten. Hermannus Pfeiffer