Sparhebel bei ausländischen Grundschülern

■ Damit täglich zwei Stunden mehr unterrichtet werden kann, fällt die Integration flach

Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) sichert den Unterricht an Bremens Grundschulen auf Kosten ausländischer SchülerInnen. Diese Befürchtung hegt der Zentrale Elternbeirat (ZEB). Seit dem neuen Schuljahr bekommen Erst- und Zweitklässler nämlich jetzt zwei Stunden mehr Unterricht. „Darüber freuen wir uns, weil damit eine verläßliche Betreuung von acht bis zwölf Uhr gewährleistet ist“, sagt Joachim Knuth vom ZEB-Vorstand. Doch um die längere Schulzeit überhaupt auf die Beine stellen zu können, setzt das Bildungsressort bei ausländischen Kindern den Sparhebel an: Bislang finanzierte Sonderangebote sind ersatzlos gestrichen worden, berichten SchulleiterInnen.

In Grundschulen mit hohem Ausländeranteil kann jetzt nur noch der ganz normale Unterricht angeboten werden, klagt Schulleiter Rolf Struckmeyer von der Grundschule am Pfälzer Weg. Dort stammen fast drei Viertel aller SchülerInnen nicht aus Deutschland. Arbeitsgruppen, Sprachgruppen, aber auch notwendige Arbeit mit Eltern seien künftig nicht mehr möglich, beschreibt er die Situation im neuen Schuljahr. „Diese zusätzlichen Angebote, die zur sozialen Integration notwendig sind, sind nicht mehr drin“, kritisiert der Schulleiter – und beschreibt damit eine Situation, die auf alle anderen 30 sogenannten Brennpunktschulen in Bremen zutrifft.

Der Sparzwang an den Schulen hat einen finanzakrobatischen Hintergrund: Bislang hatte das Bildungsressort ausländische SchülerInnen immer 1,5 fach gezählt – und somit den Schulen dafür auch entsprechend mehr Stunden für den zusätzlichen Aufwand gewährt. Diese Zuweisung fällt nun komplett weg. Damit sind, so schätzen SchulleiterInnen, bis zu 2.000 Lehrerwochenstunden freigesetzt – und so zugunsten der längeren Unterrichtszeit umgeschichtet worden.

Entsprechend gut stehen jetzt die Grundschulen mit relativ geringem Ausländeranteil da, berichtet Schulleiterin Gabriele Maul-Krummrich aus der Grundschule an der Horner Heerstraße. „Bei uns läuft es soweit gut, wir haben mehr Stunden und damit auch eine neue Kollegin bekommen“, berichtet sie. „Natürlich ist es verständlich, daß die Eltern eine konstante Schulzeit von acht bis 12 Uhr wollen – und das ist ihnen ja jetzt auch von der Bildungssenatorin zugestanden worden“, sagt die Schulleiterin. „Das ist politisch so gewollt.“ Doch sie weiß auch, daß die Folgen dieser neuen Unterrichtszeit jetzt andere zu spüren bekommen.

Mit einem „lachenden und einem weinenden Auge“ sieht deshalb der Zentrale Elternbeirat (ZEB) die neue Linie aus dem Hause der Bildungssenatorin. „Es ist gerade für Alleinerziehende gut, daß sie sich künftig auf eine bestimmte Schuldauer verlassen können“, sagt Joachim Knuth aus dem Vorstand des ZEB. Aber durch das Umschichten sei „kein einziger Lehrer mehr eingestellt worden“, kritisiert er. Wenn es in Bremen mehr neue LehrerInnen gebe, wäre diese Sparakrobatik gar nicht nötig geworden.

„Man kann es drehen und wenden, wie man will: Bezahlen tun das in jedem Fall die Migranten“, heißt es dazu im Hause der Ausländerbeauftragten Dagmar Lill. Natürlich würden auch die ausländischen Kinder von der Unterrichtserhöhung profitieren. „Aber wer meint, daß Integration nicht das Geld wert ist, das es kostet, stellt sich gegen uns“, kritisiert Lills Vertreter Anselm Dworak.

Doch ganz so pessimistisch will man das im Bildungsressort nicht sehen. Sprecher Rainer Gausepohl bestätigt zwar, daß die ausländischen SchülerInnen nicht mehr 1,5 fach gezählt würden. Aber dafür sei doch der „Grundbedarf“ für Unterrichtsstunden an den Schulen im ganzen erhöht worden. kat