Seemannsgarn aus Aachen?

■ betr.: „Steife Brise gegen Wind kraft“ von Michael Franken, taz vom 29./30. 8. 98

In Ihrem Bericht sind eine ganze Reihe von Falschmeldungen enthalten, zusätzlich fehlen einige wichtige und interessante Fakten. Das hätte sich vermeiden lassen, wenn man verschiedene Seiten hätte zu Wort kommen lassen!

So ist für Insider zum Beispiel sehr aufschlußreich zu wissen, daß diejenigen, die sich in oben genanntem Artikel schimpfend und unkommentiert ausbreiten dürfen, Vergütungsforderungen von 27,69 Pfennig pro KWh für Standorte mit sechs Meter pro Sekunde Windgeschwindigkeiten in 50 Meter Höhe erheben! (Ohne 300.000 DM REN-Förderung, die angerechnet werden müßte, wird sich die notwendige Vergütung realistischerweise um die 19 bis 21 Pfennig einpendeln.) Auch dürfte es die taz interessieren, daß einige der Idealisten/Lobbyisten durchaus auch Geld mit Beratung und mit der Projektierung von Windkraftanlagen oder anderen regenerativen Projekten verdienen oder verdient haben oder verdienen möchten und nicht nur gemeinnützig agierende Idealisten sind. So sind zum Beispiel in ihren Berechnungen Planungskosten von 152.000 DM pro WKA enthalten, was völlig überzogen und in der Branche unüblich ist. Waren es in früheren Zeiten RWE und Co., die die Windkraft unrentabel teuer gerechnet hatten, so sind es in Aachen die ehemaligen Idealisten, die die Windkraft teurer machen, als sie in Wirklichkeit mittlerweile ist!

Das Aachener Modell der kostengerechten Vergütung hat das Ziel, Windkrafterzeugung auch dort möglich zu machen, wo die gesetzliche Einspeisevergütung nicht ausreicht. Zur rechtlichen Absicherung des Modells hat das Ministerium NRW Richtlinien entworfen, die den Rahmen abstecken, innerhalb dessen sich das „Aachener Modell“ in ganz NRW bewegen kann. Die angegebene maximale Vergütung von 30 Pfennig soll auch in Gemeinden mit schlechten Windverhältnissen noch die Erzeugung von Windstrom ermöglichen. Gewünscht ist natürlich, daß sich dieses Modell aufgrund der positiven Entwicklung regenerativer Energietechniken selbst überflüssig macht. Im Raum Aachen sind in letzter Zeit eine Reihe von Windparks entstanden in Gemeinden ohne Aachener Modell. Dort hatte die landesweite Förderung (REN-Programm) und die gesetzliche Einspeisevergütung (zur Zeit 16,79 Pf) schon ausgereicht, um im Binnenland WKA zu installieren. Wir sind kurz davor, daß sich das Aachener Modell selbst überflüssig gemacht hat, weil Windkraft mittlerweile enorm viel wirtschaftlicher geworden ist. Wenn dieses Ziel erreicht ist, ist das für uns ein politischer Erfolg und kein Grund zum Jammern, sondern zum Feiern!

Die Behauptung, „für private Betreiber ist der Zug in puncto Windenergie in Aachen so gut wie abgefahren“, entspricht ebenfalls nicht den Tatsachen! Ein Standort im Windpark ist sowieso privat und wird auch von privaten Investoren vorangetrieben. Ein Standort ist an einen privaten Investor (übrigens Mitglied des Wind e.V.) verpachtet und zur Zeit noch reserviert, ein weiterer Standort ist für den Wind e.V. vorgesehen, der im Rahmen eines „Lokale-Agenda21“-Projektes ein Windrad aufstellten möchte.

Es ist allerdings politischer Wille, daß die Aachener Stadtwerke selbst auch regenerativen Strom erzeugen sollen – mit Bürgerbeteiligung! Aachen ist eine der drei ausgezeichneten Modellstädte „Ökologische Stadt der Zukunft“ in NRW. Ein Baustein neben vielen anderen ist die Eigenerzeugung von Ökostrom. Dabei möchten wir auch den Handlungsspielraum, den Aachen durch eigene Stadtwerke hat, nutzen. Und ich hoffe, daß mittelfristig analog der Naturstrom-AG auch Ökostrom aus Aachen angeboten werden kann!

Das Aachener Modell der kostengerechten Vergütung knöpft den Aachener Bürgerinnen und Bürgern bis zu ein Prozent vom Strompreis für regenerative Energiegewinnung ab – ob sie wollen oder nicht. Ich habe mich für die Durchsetzung des Aachener Modells eingesetzt und finde dieses Prinzip in Ermangelung einer zufriedenstellenden bundesweiten gesetzlichen Regelung sehr gut! Von mir aus könnte der zulässige prozentuale Anteil für Regenerative auch höher sein – zum Beispiel fünf Prozent. Dies ist jedoch rechtlich leider nicht möglich.

Die Kontrollierenden (Politik) und die „Verwalter“ dieser Gelder (Stadtwerke) haben jedoch die verdammte Pflicht, auf sparsames Wirtschaften zu achten! Und nur, weil privaten Forderungen nach mehr Rendite und einer 150prozentigen Absicherung nicht kritiklos nachgegeben wird, kann man dies nicht als mangelndes Engagement oder gar als Bremsung oder Verhinderung der regenerativen Energien und des Aachener Modells darstellen! Monika Kuck, umweltpolitische Sprecherin B 90/ Grüne im Rat der Stadt Aachen