Chile: Die Flucht vor Pinochet

Vor 25 Jahren, am 11. September 1973, endete der chilenische Versuch eines demokratischen Sozialismus in einem Blutbad. Die Militärs unter der Führung von General Augusto Pinochet putschten gegen den sozialistischen Präsidenten Salvador Allende. Was den Beginn einer 17jährigen Junta-Herrschaft bedeutete, die sich auf Terror und Folter stützte und mindestens 3.000 Oppositionellen das Leben kostete, wurde von den Militärs als „Befreiung aus dem kommunistischen Chaos“ verstanden. Noch heute sind in Chile 10-Peso-Münzen im Umlauf, die eine kettensprengende Freiheitsfigur zeigen – neben dem Datum des 11. September. Erst ab dem kommenden Jahr ist „El Once“ (Der Elfte) als Nationalfeiertag abgeschafft.

Der Putsch und die Jahre der Diktatur trieben Hunderttausende Chilenen ins Exil. Vor allem die Mitglieder der Linksparteien, die sich in Allendes Volksfront (Unidad Popular) engagiert hatten, konnten der Verfolgung nur durch Flucht entgehen. Manche jedoch (wie Allendes Außenminister Orlando Letelier) erreichte der lange Arm des Geheimdienstes sogar im Exil.

Überall in der Welt fanden sich die geflüchteten Chilenen wieder, nicht zuletzt in den Staaten des Ostblocks – das Gebot der sozialistischen Solidarität verpflichtete. So beschloß das Politbüro der DDR schon zwei Wochen nach dem Putsch „Solidaritätsmaßnahmen“ und bemühte sich um eine verhältnismäßig unbürokratische Versorgung und Eingliederung der Flüchtlinge. Als im Jahre 1990 die DDR aufhörte zu existieren und gleichzeitig Pinochet nach einem verlorenen Referendum abtreten mußte, änderte sich die Situation der Exil-Chilenen in Deutschland schlagartig. Von jetzt an drohte die pauschale Ausweisung. Joachim F. Tornau