Kehraus am Neuen Kamp

Der Schlachthof hat Konkurs angemeldet, die neue Geschäftsführerin Babette Petersen will frischen Wind in den Laden bringen  ■ Von Christian Buß

Am Anfang war die Vision. Als der Schlachthof am 30. Januar diesen Jahres eröffnet wurde, sahen Verantwortliche hier eine Art Vorzeigeprojekt, bei dem Kom-merz und stadtteilbezogene Kulturarbeit Hand in Hand gehen sollten. Doch schon bald folgte das Erwachen, inzwischen gibt es ein regelrechtes Schwarzbuch. Zumindest bei der Gastronomie und Kultur. Das „Schlachthof Office“, das bis vor kurzem als GmbH für diese Bereiche der restaurierten Rinderschlachthalle verantwortlich zeichnete, verursachte Eklats in Reihe. Als etwa das Kurzfilmfestival dort den Abschluß feierte, mußten die Kinofans eine Männerstrip-Show über sich ergehen lassen – Programmpunkt einer ganz anderen Party, die dummerweise für den gleichen Abend anberaumt worden war. Doch nicht nur Doppelbuchungen schlagen aufs Konto der Veranstalter am Neuen Kamp, auch die abendlichen Durchführungen gingen schon mal in die Hose. „Die Organisation war unter aller Sau“, wettert Günter Linnartz von der Agentur Scorpio. „Bei einem unserer Konzerte konnte im ganzen Haus kein Stempel aufgetrieben werden. Es war extrem heiß, aber kein Besucher durfte vor die Tür.“

Der Kollaps war programmiert. Im Juli nahm Babette Petersen, die bis zu diesem Zeitpunkt eigentlich für die Pressearbeit des Schlachthofs zuständig war, eine Buchprüfung vor. „Ich war die erste Person, die für den Laden eine betriebswirtschaftliche Auswertung vorgenommen hat. Die Situation war desaströs.“ Anfang August wurde schließlich Konkurs angemeldet. Eine Chance für den Schlachthof? Petersen ist jetzt neue Geschäftsführerin – einer der Gesellschafter aber bleibt weiterhin Rahman Nadjafi. Umso mehr ist Petersen bemüht, den Bruch mit der Vergangenheit deutlich zu machen: „Es ist extrem wichtig, allen Beteiligten zu vermitteln, daß hier jetzt eine neue Betreibergesellschaft die Fäden in der Hand hat. Deshalb handeln wir alle Geschäftspunkte neu aus“, sagt sie, während sie nebenbei Checks für Lieferanten ausfüllt – denn anschreiben darf der Schlachthof schon lange nicht mehr.

Auch nicht beim Vermieter, der Stadtentwicklungsgesellschaft. Pressesprecher Rüdiger Dohrendorf sagt: „Wir haben bestimmte Zahlungen gefordert, die sind gerade eingegangen. Und sie dürfen ihre Schlüsse daraus ziehen, daß wir auf Barzahlung bestanden haben. Von uns aus kann es weitergehen.“ Und worher kommt die Sicherheit, daß der Schlachthof beim zweiten Anlauf nicht wieder ins Trudeln gerät? „Wir glauben daran, daß er sich tragen kann“, so Dohrendorf. „Die Veranstaltungen waren ja gut besucht, nur gab es, diplomatisch ausgedrückt, betriebsinterne Schwierigkeiten. Nun ja, Leuten mit künstlerischer Ader fehlt oft die wirtschaftliche Kompetenz. Aber Frau Petersen halten wir für eine kompetente Geschäftsführerin.“

Auf deren Rücken lastet zur Zeit das Schicksal des Schlachthofs. Denn auch die Paulaner-Brauerei, die trotz enormer ausstehender Verbindlichkeiten ihr Darlehen für den Gastro-Bereich aufrecht erhält, macht ihren Einsatz von Petersen abhängig. Und die versucht durch allerhand Diplomatie, dem Laden endlich zu der Akzeptanz zu verhelfen, die es im Stadtteil bis jetzt nicht besessen hat: „Es sollen mehr kulturelle Veranstaltungen stattfinden, und da buttern wir gerne zu, aber dazu muß es auch gestattet sein, daß hier einige kommerziell ausgerichtete Parties stattfinden. Wobei wir in Zukunft ein bißchen weniger auf Techno und House setzen. Wir sind hier schließlich nicht auf dem Kiez, sondern in der Schanze.“