Vulkan: Wie der Senat trickste, täuschte und mauschelte

■ Abschlußbericht kritisiert SPD-Subvenmtionspolitik / Kontrolle muß sein, auch wenn es stört

Der vorläufige Abschlußbericht des Vulkan-Untersuchungsausschusses sorgt hinter den Kulissen für Zoff. Vor allem die SPD ist nicht einverstanden mit Erkenntnissen, die der Vorsitzende des Ausschusses, Hermann Kuhn (Grüne), über die Hintergründe des Vulkan-Desasters gewonnen hat. Grund: Kuhn geht mit der jahrelangen Industriepolitik der Bremer SPD-Regierung hart ins Gericht. Aus Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen habe sich die SPD-geführte Landesregierung regelrecht erpressen lassen, heißt es in dem vertraulichen Bericht, der der taz vorliegt. Mit „phantasievollen Hilfsmaßnahmen“ sei „Arbeit ausdrücklich gekauft“ worden. Die Summe, die das Land in das „tiefe Loch“ Vulkan gesteckt hat, beläuft sich nach Kuhns Rechung auf etwa 1,5 Milliarden Mark. Seine Finanzspritzen hätte das Land jedoch nicht an Bedingungen geknüpft, moniert er. Auf diese Weise „konnte auf seiten der Bremer Werften die Subventionsmentalität wuchern“.

Spätestens sei Ende der achtziger Jahre sei der Vulkan ein „Unternehmen des Landes Bremen“ gewesen. Als „Miteigentümer“ des Vulkans habe das Land „konkrete unternehmerische Entscheidungen“ gefällt. Dabei hätte der Senat die zuständigen Gremien und die Bürgerschaft mehr als einmal getäuscht und unzureichend informiert. Senatorische „Kaffeerunden“ seien „zur überprüfbaren Übernahme von politischer Verantwortung nicht geeignet“, mahnt Kuhn.

Auch die Berufung Hennemanns in den Vorstand des Bremer Vulkans gehörte zu den politisch motivierten Entscheidungen. Dem Vulkan bekam dieser Wechsel nach Einschätzung von Kuhn allerdings schlecht. „Andere Vorstandsmitglieder“ hätten „der – durch das politische Umfeld gestützten – Dominanz Hennemanns nicht genügend entgegenzusetzen“ können. Wie berichtet, blieb Hennemann auch nach seinem Wechsel zum Vulkan Angestellter Bremens. Die Verträge, die seine Pension sicherten, seien „ohne Beispiel“. „Die durch die Verträge mögliche doppelte Loyalität Dr. Hennemanns ist für den Untersuchungsausschuß ein Skandal“, formuliert Kuhn. Außerdem seien die „Verträge möglicherweise außerhalb der zuständigen Abteilungen zustandegekommen worden – offenbar unter der direkten Verantwortung des damaligen Finanzsenators Grobecker (SPD). „Der Untersuchungsausschuß sieht diese Verträge als den – zunächst gelungenen Versuch – Dr. Hennemann eine günstige Altersversorgung zu sichern, ohne eine politisch unangenehme öffentliche Debatte um die Versorgung von politischen Beamten bei einer willkürlich herbeigeführten Entlassung führen zu müssen“, schreibt Kuhn.

Als die Krise beim Bremer Vulkan im Sommer 1995 sichtbar wurde, habe die Große Koalition nicht schnell genug reagiert. „Der Widerspruch zwischen maroder Substanz und schönem Schein erklärt nach Auffassung des Untersuchungsausschuß den Schock und die verlangsamten Reaktionen“, heißt es in dem Bericht. Der Senat habe die „politische Brisanz des Verzehrs der Ostwerften-Gelder in Konzernbetrieben des Westen vollkommen unterschätzt.“ Noch im Januar 1996 habe der Senat die Bürgschaftsausschüsse über die Lage des Vulkan getäuscht, „obwohl er zu dem Zeitpunkt schon über andere Informationen verfügte.“ Die Landesregierung hatte nicht „den Mut die schlechte Botschaft auszusprechen.“ Der Senat habe die EU-Kommission 1995 über die Entwicklung beim Bremer Vulkan „in keinem Fall freiwillig, frühzeitig und umfassend informiert“, schreibt Kuhn. „Er hat damit Steuergelder aufs Spiel gesetzt und die Glaubwürdigkeit des Landes Bremen beschädigt.“

Das Resümee des Berichts: „Klare Entscheidungsstrukturen und starke Kontrollinstanzen sind unabdingbare Elemente von Demokratie und Effizienz. Die Kontrollorgane, die im Fall Bremer Vulkan hätten tätig werden müssen, waren in sich schwach und wurden schwach gehalten. Kompetenzen, Pflichten und die Unabhängigkeit von Kontrollinstanzen ... müssen gestärkt werden; auch wenn es stört.“

Kerstin Schneider