Kohl wählen für die Liberalität Von Joachim Frisch
Ich bin liberal. D.h., ich will lesen dürfen, wozu ich Lust habe, auch wenn Richter es für Pornographie oder für eine Beleidigung des Bundestrainers halten. Ich möchte in der Öffentlichkeit rauchen und Bier trinken, wenn ich Lust dazu habe, ohne daß man mich einsperrt oder des Platzes verweist. Ich will, daß Menschen aus anderen Ländern in dem Land, in dem ich leben muß, wie Gäste behandelt werden und nicht wie Vieh. Deshalb werde ich in vier Wochen CDU wählen, denn eine regierende SPD würde die letzten liberalen Rudimente in diesem Land in die Tonne treten. Sie würde die bessere CDU sein wollen, und wie wird die bessere CDU sein, wenn sie gewinnt? Der Innenminister Schily will und wird der bessere Kanther sein. Schäuble wird „Terroristen-Anwalt!“ und „Saulus!“ plärren, und Schily wird den ordnungspolitischen Paulus geben, daß es kracht. Schon jetzt übertreffen die Ankündigungen Schröders und Schilys in ihrem vorauseilenden Ordnungswahn die reale Politik der ordnungswahnsinnigen Rindviecher der Union.
Warum überhaupt wählen, wenn SPU und CDU sich eh nicht unterscheiden, werden Sie fragen. Sie unterscheiden sich aber doch. Eine CDU-Innenpolitik ist zwar reaktionär, aber es ist eine reaktionäre Innenpolitik mit Opposition. Sie wird korrigiert von den wenigen Liberalen in der SPD, von den zwei Liberalen in der FDP (Hirsch und Leutheusser-Schießmichtot) und einer Handvoll Grünen und PDSlern. Das ist nicht viel, doch die Union kann gegen deren Widerstand nicht alles durchsetzen, Dunkelhaft für Kanzlerbeleidigung etwa oder sofortige Abschiebung für Knoblauchmißbrauch.
SPD-Innenpolitik wird dagegen keinen Widerstand vorfinden, sondern Feuer unterm Hintern, statt einer liberalen Opposition werden erzreaktionäre Anheizer die Politik korrigieren. SPD-Innenpolitik wird New Yorker Verhältnisse schaffen, wie Schröder seit Wochen geschwollenen Kammes drohend kräht. Unter Schäubles „Schlappschwanz“-Gekreische werden Schröder und Schily Antischlappschwanzbeweise liefern. Wie in New York wird das Biertrinken in der Öffentlichkeit mit 100 Dollar bzw. 150 Mark bestraft, nachdem man dem Biertrinker mit Gummiknüppeln einen kräftigen Schluck Ordnungssinn eingeschenkt haben wird. In New York kostet das Rauchen im Taxi zur Zeit je 100 Dollar Strafe für Fahrer und rauchenden Fahrgast, in Berlin wird es 200 Mark kosten. Und die drei bis fünf Liberalen in der SPD werden, wie immer, wenn die SPD dran ist, die Klappe halten.
Also werde ich CDU wählen, weil ich keine Lust habe, wegen einer Knoblauchfahne, meiner für einen Arier etwas zu dunklen Haare und meiner Angewohnheit, meinen Paß zu verlegen, zwei Monate in Abschiebehaft zu sitzen.
Und die Grünen? Werden nicht wenigstens sie bei Rot-Grün Sheriff Schily bremsen? Gut, die Grünen werden die Strafe auf 180 Mark für Rauchen im Taxi herunterhandeln, vielleicht kriegen sie auch eine Woche Umerziehungslager statt Geldstrafe durch. Ich für meinen Teil fahre lieber diese Woche nach Rom, um dort nach Herzenslust auf den Straßen und Plätzen und hinter den Monumenten zu rauchen und Bier zu trinken, bis mir der Carabiniere lachhafte 10.000 Lire Strafe aufbrummt. Deshalb wähle ich CDU.
