Nicht Mehr Demokratie

■ Verfassungsbedenken: Bremer Senat lehnt Initiative für vereinfachte Volksbegehren ab

Bremen (taz) – Der Bremer Senat hat das Volksbegehren „Mehr Demokratie“ abgelehnt. Mit der Initiative sollten Hürden für künftige Volksbegehren und -entscheide gesenkt sowie die absolute Finanzhoheit des Parlaments beendet werden. In einer Senatserklärung heißt es, der Antrag verletze „geschriebenes Verfassungsrecht und unantastbare Prinzipien der Landesverfassung“. Jetzt muß der Bremer Staatsgerichtshof über den Antrag befinden.

Ralph Kampwirth vom Verein „Mehr Demokratie“ bezeichnete die Entscheidung als „klaren Mißbrauch des bestehenden Volksentscheidungsrechts“. Die Landesregierung hat bisher alle fünf Volksbegehren an den Staatsgerichtshof verwiesen. Dabei argumentiert der Senat zumeist mit den Auswirkungen auf den Landeshaushalt, wie etwa bei zwei Volksbegehren zur Schulraum- und LehrerInnenversorgung: Sie hätten laut Vorlage angeblich langfristige Kosten von 5,4 Milliarden Mark verursacht. Damit könne die Bürgerschaft nicht mehr die eigenen Vorstellungen über „die Verwendung öffentlicher Gelder realisieren“.

Auch einen zweiten Aspekt von „Mehr Demokratie“ lehnt der Senat vehement ab. Die Initiative will die Hürden für Volksbegehren senken. Fünf Prozent der bei der letzten Bürgerschaftswahl abgegebenen Stimmen sollen für ein Volksbegehren reichen. In einem Volksentscheid würde dann jeweils die einfache Mehrheit gelten. Das bezeichnet der Senat „als mit der Herrschaft der Mehrheit in der Demokratie“ nicht vereinbar. Kampwirth verweist darauf, daß die Hürden in Schleswig-Holstein, Brandenburg und Bayern ähnlich niedrig lägen, künftig wohl auch in Hamburg. Dort stimmen die BürgerInnen am 27. September über einen ähnlich lautenden Antrag ab. Jens Tittmann