Infrasounds: Golden Pudel Club

Man kommt von oben eine lange Treppe herab. Vorher hat man schon die Elbe gesehen und welches neue Schiff grad im Trockendock ist. Das einzige Wandbild mit Wasseranschluß kommt leider auch immer ins Blickfeld. Auf der Treppe sitzen, wenn die Temperatur es zuläßt, am Wochenende die, die nicht drin bei den Werbefuzzis stehen wollen. In Hamburg gibt es wenig gelungene Freiluftlokale, darum ist man so gerne dort. Draußen stehen zünftige Bierbänke. Ab und zu hängt eine kleine bunte Glühlampe zwischen Bäumen.

In St. Pauli gibt es seit zehn Jahren die bekannte Technik, daß man piefige Pinten als Nachwuchstrinker übernimmt und bei der Innengestaltung alles beim alten beläßt – hier auch. Durch alle Fenster sieht man immer Wasser. Die Bestuhlung ist einfach und unschön. Am Tresen sitzen nur Verbündete, wobei eigentlich immer nur Verbündete da sind. Die Stimmung ist eher familiär, ohne intim zu sein.

Die DJs stehen immer links in der Ecke. Es gibt nur einen Plattenspieler, damit die DJs beim Plattenwechseln reden können. Es gibt auch Lautsprecher draußen, und meist klingt, was gesagt wird, nach Helge Schneider, letzten Sommer jedenfalls. Die Musikauswahl ist kennerhaft und strengt sich an. Kenner verhelfen Kennern zu kleinsten Glücksmomenten. Zum Tanz kommt es nur spontan, vereinzelt bei vorgerückter Stunde. Prügeleien kommen vor, aber nicht häufig. Die Gründe sind regionale Feinheiten, z. B. gemütliche Keilereien zwischen Herkunft Nordsee oder Ostsee.

Aber nur untereinander, nicht mit Fremden?

Jojoo, das ist typisch für diese Art Hamburger Exklusivität. Jeder, der länger in der Stadt ist, agiert zwangsläufig mit Understatement.

Betrunken kommt es doch vor, daß Leute dort schlafen wollen, vor allem Musiker.

Stimmt, das hat man in Hamburg häufig, aus Berlin kenne ich das kaum. Das Schlafen in Kneipen ist erst seit Raggamuffin aufgekommen. Die besten Gäste dürfen auf dem Tresen schlafen.

Und die Kellner – oder Kellnerinnen?

Die Rolle dort ist gar nicht so ausgeprägt, weil im Prinzip fast jeder mal dort arbeiten wird oder schon hat. Wenn Freunde einschenken, schmeckt's besser.

Unter der Hand ausschenken oder solidarisieren sie sich mit dem Besitzer?

Na, das hat eh ein wenig einen kollektiven Beigeschmack. Es gibt wohl mehrere Chefs, einen kompetenten, vielleicht einen sozialen? Es wird nur über der Tischkante ausgeschenkt. Und nicht allzugut. Aber der Service ist im allgemeinen zügig. Gibt nur Astra. Aus St. Pauli-Gründen kann man daran was finden, eigentlich schmeckt's elend, wie Kindl für Gesindl. Hamburger sind eher ehrlich. Drinks klauen passiert auch kaum.

Die Leute wollen vor allem reden?

Auf der Treppe reden viele und drinnen weiß man eh Bescheid.

Das ist da, wo die Kunst hängt?

Die Kunst hängt in einem weißlackierten Kabuff, da ist nie jemand, auch wenn's ganz voll ist.

Vielleicht möchtest du das Konzept vorstellen?

Nein. Heimo Zobernig