Togo-Flüchtling: Sein oder nicht sein...

■ Im Abschiebeknast sitzt ein Togoer. Glaubt man ihm, ist die Abschiebung Mord. Laut Behörden ist er ein Schwindler

In einer Woche soll Madjri Ohin nach Togo abgeschoben werden. Für die Behörden ist sein Fall abgeschlossen: Der Mann ist ein Betrüger, der versucht hat, sich Asyl zu erschleichen. Das belegen Vergleiche mit Fingerabdrücken. Und die Aussagen einer Frau, die mit Ohin verheiratet gewesen sein will. Soweit die Ausländerbehörde.

In einer Woche soll Jean Olimpio nach Togo abgeschoben werden. Bei dessen Onkel handelt es sich um Gilchrist Olympio, der vermutlich die Präsidentschaftswahlen vor wenigen Monaten in Togo gewonnen hätte, wenn Diktator Eyadema die Wahlauszählung nicht gestoppt hätte. Damit ist der Neffe des Oppositionellen vom Tode bedroht, wenn er in der Hauptstadt Lome den Flieger verläßt. Soweit die Aussagen der Asylgruppe Ostertor.

Bei Ohin und Olimpio handelt es sich um ein und denselben Mann. Der junge Togoer sitzt in Oslebshausen in Abschiebehaft. Bereits einmal hat er sich erfolgreich gegen die Abschiebung gewehrt. Weil er im Flieger lautstark protestierte, weigerte sich der Flugkapitän, ihn mitzunehmen. „Randaliert habe ich, weil ich mich nicht unter einem falschen Namen abschieben lassen will“, sagt Olimpio. Nach seinen Angaben stimmen nicht einmal seine Paßersatzpapiere. Sie sind um Monate vordatiert, das Foto zeigt einen anderen Mann. Das bestätigt auch Ghislaine Valter von der Asylgruppe Ostertor. Bei dem Versuch, neue Fotos zu machen, weigerte sich Olimpio stillzuhalten. „Dabei hat mir die Polizei den Kopf blutig geschlagen.“ Nach Angaben seines Anwalts Sven Sommerfeldt läuft deshalb inzwischen ein Strafverfahren wegen Körperverletzung. Zudem will Sommerfeldt beim Amtsgericht einen Antrag stellen, den Haftbefehl aufzuheben. Und es soll ein Asylfolgeverfahren eingeleitet werden. Die Begründung: Ein anerkannter Wissenschaftler, der in der Öffentlichkeit anonym bleiben will, der taz aber bekannt ist, hat ihn „eindeutig“ wiedererkannt. Also doch Jean Olimpio, Neffe des Oppositionellen Gilchrist Olympio?

Nach Angaben von Dieter Trappmann, Leiter der Ausländerbehörde, passen die Fingerabdrücke des jungen Togoers zu Abdrücken, die von einem Tata Ohin stammen – 1992 wegen Betrugsverdachts aufgenommen. Dann passen sie zu einem Jean Olimpio, der 1993 in Bremen einen Asylantrag stellte, aber kein Sterbenswörtchen von einer Verwandtschaft zu Gilchrist Olympio erwähnte. Und sie passen zu einem Jean Olimpio, der 1996 wegen Betrugsverdachts festgenommen worden war. Zudem behauptet eine Claudia Ohin, geborene S., mit dem Mann unter eben jenem Namen Ohin verheiratet gewesen zu sein. Für das Ausländeramt besteht damit kein Zweifel an der Identität des Mannes.

Ebensowenig wie beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Demnach hat der Betroffene unter vier verschiedenen Namen zwischen Juni 1991 und März 1993 Asylanträge gestellt. In einer letzten Vernehmung in diesem Jahr soll sich Olimpio/Ohin in Widersprüche verstrickt haben. Dazu Trappmann vom Ausländeramt: „Der Mann hat unter anderem die CNTT für eine Oppositionspartei gehalten. Es handelt sich um die Einheitsgewerkschaft.“

Der Betroffene selbst dementiert das: „Ich bin Jean Olimpio.“ Er sagt, der Behörde sei ein Fehler unterlaufen, „den die jetzt nicht mehr zugeben wollen“. Demnach seien seine Fingerabdrücke dem Namen von Ohin fälschlicherweise zugeordnet worden. Der Grund könne sein, daß besagter Ohin sein Cousin ist und sich zeitweilig seinen Ausweis beschafft habe. Widersprüche im Asylverfahren führt er auf Sprachbarrieren zurück. Bleibt die seltsame Aussage seiner angeblichen Ehefrau. „Ich kenne diese Frau nicht“, sagt Olimpio. Daß dies auch umgekehrt der Fall ist, belegt er mit einem Widerspruch in deren Aussage. So geht aus dem Protokoll des Bundesamtes eindeutig hervor, daß die Frau auf eine Tätowierung auf Olimpios linkem Unterarm hinweist. Der Togoer hat aber weder ein Tattoo noch eine Narbe. Zudem kann Olimpio mit Fotos beweisen, daß er sich zum Zeitpunkt der Hochzeit im DRK Jugendheim an der Wittmunder Straße aufgehalten hat.

Jetzt bleibt zunächst abzuwarten, ob die Abschiebung vorläufig ausgesetzt wird. Wenn die Behörden seine neuen Beweise anerkennen, steht Olimpio ein Asylfolgeverfahren zu. Sollte daraus Asyl resultieren, müßte sich Olimpio wegen Betrugs verantworten. Freispruch möglich. Jens Tittmann