„Sitzen is für 'n Arsch“

■ Bremen – St. Pauli 1:1 / Kampf des Stadionsprechers mit standhaften Fans

Die Aufforderung des Stadionsprechers war und blieb unerhört: „Die Zuschauer in den Blöcken 17 und 19 mögen sich doch freundlicherweise hinsetzen.. Und plötzlich wurde dem letzten der 6.000 mitgereisten HamburgerInnen („Sitzen ist für'n Arsch“) bewußt, welche Folgen der von UEFA und DFB geforderte sukzessive Abbau von Stehplätzen in naher Zukunft nicht nur in Bremen zeitigen wird: Eintrittspreise um die fünfzig Mark, verbunden mit dem Zwang, jegliche Emotionsausbrüche auf ein dezentes Kopfschütteln zu beschränken. Auf daß der V.I.P.-Fan auf der Ehrentribüne sich nicht an seinem Champagner verschlucke...

Emotionsausbrüche waren jedoch nicht nur auf den Rängen zu beobachten. So war Pauli-Torwart Thomforde nach einer Attacke auf den vermeintlichen Elfmeter-Schinder Bernd Hobsch drauf und dran, des Feldes verwiesen zu werden. Lohnenderes Ziel für einen körperlichen Verweis wäre indes Manndecker Dieter Schlindwein gewesen, der einmal mehr den Ball so ungeschickt verstolperte, daß Hobsch in der 34. Minute gar nicht anders konnte, als die 1:0-Führung zu erzielen. Ein Rückstand von 0:2 wäre zur Pause verdient gewesen, doch Mario Basler scheiterte mit einem unberechtigten Elfmeter an dem zum Publikumsliebling erkorenen Thomforde.

Nach dem Seitenwechsel agierten die Hamburger offensiver und erarbeiteten sich allmählich ein Übergewicht im Mittelfeld. Indes stand Jouri Sawitschew als Alleinunterhalter im Sturm gegen die erfahrene Bremer Abwehr auf verlorenem Posten. Bis Schiedsrichter Aust aus Köln in der 61. Minute für jähes Entsetzen unter den mitgereisten Fans sorgte: Nach einem harmlosen Rempler an dem agilen Russen zeigte er – ausgleichende Ungerechtigkeit – auf den Elfmeterpunkt. Diejenigen, die des Schiris Pfiff als Aufforderung zum nervenschonenden Biererwerb verstanden, wurden nicht enttäuscht. Dieses Mal war es André Trulsen, der traditionsbewußt vergab.

Indes löste der Ärger über die vergebene Ausgleichschance nunmehr ein wütendes Anrennen auf das Tor von Frank Rost aus, das in der 65. Minute von Erfolg gekrönt war: der Ex-Leverkusener Stephan Hanke debütierte mit einem Kopfball als Torschütze.

Nach dem Schlußpfiff dann stehende Ovationen – auch wenn sich das in Block 17 und 19 eigentlich nicht gehört....

Christoph Ruf