Solidaritäts-Pantomime vorm Knast

■ Ordnungsamt Neumünster schränkt Demonstrationsrecht ein

Verstummungsgebot, Teil zwei: Der Beschluß des Lübecker Ordnungsamtes, bei Solidaritätskundgebungen für Andreas E. – der im Rahmen der bundesweiten Großrazzia gegen Linksradikale im Juni verhaftet wurde – den Einsatz von Lautsprechern und Megaphonen zu untersagen (taz berichtete) hat Nachahmer gefunden. Ohne den Einsatz „phonverstärkender Geräte“ soll jetzt auch am Samstag eine Solidaritäts-Demonstration vor der Justizvollzugsanstalt Neumünster (Abfahrt: Bahnhof Sternschanze, 13 Uhr) stattfinden. Dort sitzt seit Monaten der Rendsburger Ralf M. in Untersuchungshaft, dem ebenso wie Andreas E. vorgeworfen wird, an der Herstellung der verbotenen Linksaußen-Postille „radikal“ beteiligt zu sein.

Die Nachahmungs-Täter vom Ordnungsamt Neumünster geben für ihr Verstummungs-Gebot schwerwiegende Gründe an. Die 600 in Neumünster einsitzenden Gefangenen würden durch den Demo-Lärm beim Kartenspielen und Fernsehen empfindlich gestört. In der amtlichen Begründung heißt es weiter: „Sollte auch künftig allmonatlich weiterhin Lärm verbreitet werden, so ist eine offene Meuterei unter den Häftlingen nicht mehr auszuschließen“.

Und nicht nur das: „Da die Demonstranten über Lautsprecher die nächste Veranstaltung jeweils ankündigen, haben ungute Elemente unter den Gefangenen die Möglichkeit, Ausbrüche zu inszenieren. Während des für sie vorhersehbaren Lärms können sie ungestört Säge- und Stemmgeräusche produzieren.“ Ein weiterer gewichtiger Grund, die Gefangenen-„Beschallung“ zu verbieten: „Ein Teil der lärmenden Durchsagen ist jeweils in türkischer Sprache gehalten.“

Für das „Soliplenum Kiel“ kommen die behördlichen Auflagen einem Demonstrationsverbot gleich, da eine „Kundgebung ohne Lautsprecher so wirkungsvoll ist wie ein Transparent ohne Schrift“. Doch selbst wenn das zuständige Verwaltungs-Gericht dem inzwischen eingelegten Widerspruch keine Bedeutung beimessen sollte, wollen sich die Demo-TeilnehmerInnen „nicht zum Schweigen bringen“ lassen. Marco Carini