Kontingent wirksamer als die Quote

■ Podiumsdiskussion: Zehn Jahre Frauenförderung an Hamburgs Uni Von Polly Schmincke

Zehn Jahre sind vergangen, seit im Oktober 1985 die Frauenförderrichtlinie an der Universität Hamburg verabschiedet wurde: Zeit für ein Resümee, fand Frauensenatorin Christina Weiss (parteilos) und lud am Mittwoch abend zur Diskussion in den Lesesaal des Aby-Warburg-Hauses.

Elke Sasse von der Arbeitsstelle Frauenförderung der Uni Hamburg, Ulrike Mahnkopf, Leiterin des Senatsamtes für Gleichberechtigung, die Kasseler Professorin Ayla Neusel und Sabine Etzold, Wissenschaftsredakteurin der Zeit, tauschten auf dem Podium Erfahrungen und Arbeitsergebnisse über den langen Weg der Frauen in die Spitze der Hochschulen aus.

Denn in diesen Höhen hat sich kaum etwas verschoben – da waren sich alle einig. C4-Professuren sind immer noch eine Männerdomäne. Nur im Mittel- und Unterbau arbeiteten mittlerweile wesentlich mehr Frauen, bestätigte Elke Sasse. Der Frauenanteil sei bei den Habilitationsstellen von 13 (1985) auf „erfreuliche“ 40 Prozent gestiegen (bundesweit liegt er bei etwa 20 Prozent), aber die Zahl der Professorinnen sei im gleichen Zeitraum gerade mal von 44 auf 50 gestiegen.

Ulrike Mahnkopf beklagte die „enorme Selektion“ auf der Karriereleiter in der Hochschule: Knapp die Hälfte der Studierenden und ein Drittel der Studierenden, die an ihrer Promotion arbeiten, ist weiblich, doch bei den Professuren liegt ihr Anteil bei weniger als zehn Prozent. Noch drastischer wirds, wenn die Zahl der Stellen, wie zur Zeit in Hamburg, insgesamt reduziert wird. Denn: „Wenn's um Geld geht, hört bei den meisten Männern die Frauenförderung auf“, bemerkte eine im Publikum.

„Quoten bringen wenig“, schätzte die Kasseler Professorin Ayla Neusel ein. Sie schlägt deshalb ein Frauenkontingent vor, nach dem ein bestimmter Prozentsatz von zu besetzenden Stellen auf jeden Fall an Frauen vergeben werden müsse. In der Personalplanung müßten dann zum Beispiel 10, 20 oder 30 Prozent der frei werdenden oder neuen Stellen der nächsten Jahre an Frauen gehen – ohne die individuelle Prüfung in Konkurrenz mit einem männlichen Bewerber, wie es die Quotenregelung vorsieht. Bei der Quote bliebe das Problem, daß mit Ausreden wie „wir haben einfach keine gleichqualifizierte Frau gefunden“ Frauen noch immer ausgebremst werden. Denn die Auswahlkriterien sind schlichtweg auf Männer zugeschnitten.

Ayla Neusel kritisierte, daß Frauenpolitik an den Hochschulen meist als Personalpolitik betrieben werde. Frauenförderung werde oft als Förderung einzelner Frauen verstanden, sagte Neusel, aber es gehe doch darum, möglichst die Defizite der gesamten Institution Hochschule zu beheben.

„Es geht nicht nur um einen größeren Frauenanteil, sondern um die Veränderung von Inhalten, Theorien, Vorgehensweisen und Forschungsinstrumenten. Bei allen Entscheidungen muß Frauenpolitik betrieben werden“. Eine kleine Chance sieht die Frauenforscherin im künftigen Globalhaushalt der Uni, der nun jedes Jahr neu verteilt werden muß.

Sabine Etzold forderte: „Jetzt müssen die Frauenförderungspläne in die Autonomiebestrebungen eingebracht werden.“