Rules are to break

■ Der Gitarrist und Komponist Fred Frith dirigiert das Ton Art-Ensemble

Geboren wurde der Gitarrist und Komponist Fred Frith im Jahr 1949 in County Yorkshire im nordöstlichen England. Seine musikalische Laufbahn begann er im Alter von fünf mit Geigen-Unterricht und einem Platz im örtlichen Kirchenchor. Mit neunzehn verließ er die ländliche Idylle, um in Cambridge Literatur zu studieren. „Bei meinen schlechten Noten war Cambridge die einzige Universität, in der ich mich bewerben konnte“, gesteht er im Gespräch mit der taz hamburg. Ein Jahr hatte er Zeit, sich auf die Aufnahmeprüfung und das Gespräch vorzubereiten. Bei den letzten Vorbereitungen half ihm auch seine Mutter und schnitt ihm die Haare kurz. Er war nicht wenig erstaunt, als er dann zwei Prüfer mit schulterlangen Haaren gegenüber saß, mit denen er über Dylan sprach.

Es war das Jahr 1968. Neben Literatur studierte Fred Frith auch Rockmusik, die damals im Begriff war, die Welt zu revolutionieren. Zusammen mit Tim Hodgkinson gründete er im gleichen Jahr die Gruppe Henry Cow, eine „Dada-Rock-Band“, wie Fred Frith heute meint.

Fast dreißig Jahre später experimentiert Frith immer noch genußvoll mit unterschiedlichen Elementen, von traditionellen Rhythmen aus dem Balkan bis zu kammermusikalischen Elementen. Eines steht allerdings fest: der Autodidakt ist ein Grenzgänger. Aus Prinzip vielleicht? „Rules are to break“, ist sein Credo. Er fixiert aus dem Fenster einen Punkt am Horizont. „Musik ist für mich etwas Magisches, eine mystische Reise ins Blaue“.

So sehr seine Kompositionen und seine musikalischen Partner im Lauf der Jahre wechselten, so unverändert blieb seine Haltung dem Musik-Business gegenüber. Anfang der Siebziger war er Mitbegründer von Rock in Opposition, einer selbstverwalteten Organisation von Musikern. „Die Punk-Bewegung hat später die gleichen Ziele wie Rock in Opposition verfolgt,“ sagt Frith. Er kann sich aber auch nicht ein enttäuschtes Lächeln verkneifen, wenn er im nächsten Satz in Erinnerung ruft, wie schnell die Plattenfirmen Punk assimiliert haben.

Heute bleibt der humorvolle Mann seinem Credo treu, nur das zu tun, wozu er gerade Lust hat. Es versteht sich von selbst, daß eine solche Haltung sich jenseits der großen Plattenfirmen ausdrückt. So tauchte er plötzlich nach 14jährigem New York-Aufenthalt in Marseille auf, wo er mit arbeitslosen Musikern ein apokalyptisches Rock-Epos erarbeitete.

Oder wie dieser Tage in Hamburg, wo er ein Workshop mit Musikern des Ton Art-Ensembles leitet. „Eigentlich arbeite ich bei Workshops mit Musikern, die ich in der Improvisation einführe. Dieses Mal ist es aber anders, weil die Musiker von Ton Art mit der Improvisation sehr vertraut sind.“ Seine Gitarre wird er allerdings nicht wie üblich auf den Knien haben, sondern eher im Koffer lassen und sich nur aufs Dirigieren beschränken.

Und wo wohnt der Mann jetzt, der London wie die Pest meidet? „In Stuttgart“. Wie bitte? „Warum reagieren bloß alle so. Stuttgart ist ruhig“, sagt der Yorkshire-Patriot. In der schwäbischen Metropole und nicht in Manhattan sollen seine Kinder aufwachsen.

Niko Theodorakopulos

Do, 26. 10. und So, 26. November mit seinem Electric Guitar Quartet, Fabrik, jeweils 21 Uhr