Miese Noten für die Buchführung

Defizite der Volkshochschule sind selbstverschuldet. Interne Berichte belegen kaufmännische Inkompetenz und mangelndes Controlling  ■ Von Judith Weber

Daß sich bei der Hamburger Volkshochschule (VHS) Schulden anhäufen, hätte schon vor Jahren erkannt werden können. Das geht aus internen Wirtschaftsberichten der VHS hervor. „Alle Grundsätze ordentlichen Bilanzierens sind hier nicht eingehalten worden“, sagt Wolfgang Drews, bildungspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Rechnungen, von denen klar war, daß sie unbezahlt bleiben würden, seien nicht als „uneinbringbar“ verbucht worden, sondern weiterhin als „Forderungen“. Damit blieben Verluste jahrelang unerkannt. Inzwischen liegt das Defizit der Volkshochschule bei rund drei Millionen Mark.

In den Jahren 1993 und 1994 gab es den Bilanz-Posten „Abschreibungen auf Forderungen“ gar nicht, in dem Betriebe sonst aussichtslose Rechnungen auflisten. „Das widerspricht der kaufmännischen Vorsicht“, schimpft Drews. „Man ist offenbar davon ausgegangen, daß sämtliche Beiträge und Rechnungen bezahlt werden.“ Das hätte sowohl der Bildungs- als auch der Finanzbehörde auffallen müssen, findet der Prokurist. Schließlich prüft letztere sämtliche Jahresabschlüsse der VHS.

1995 tauchte der Posten zum ersten Mal im Wirtschaftsplan des Bildungsunternehmens auf; damals kalkulierte die Volkshochschule mit unbezahlten Rechnungen in Höhe von 68.000 Mark. Daran wäre nichts auszusetzen, wenn die Summe nicht ein Jahr später plötzlich auf nur 3000 Mark geschrumpft wäre – „viel zu wenig“, so Drews, „da dürfte sich ganz schön was angehäuft haben“.

Tatsächlich sind im Wirtschaftsplan 1997, der als Grundlage für die Haushaltsberatungen des kommenden Jahres dient, gleich 205.000 Mark „Abschreibungen auf Forderungen“ vorgesehen. „Die kommen nicht von irgendwoher“, so der CDUler. Den Grund für die krude Bilanzierung vermutet er in mangelndem Controlling.

Zu diesem Ergebnis kamen auch die Unternehmensberater der Firma KPMG, die Anfang des Jahres die Volkshochschule untersuchten. Sie attestierten dem stadteigenen Bildungsbetrieb zudem Computer-Probleme. Durch einen Absturz seien Informationen über TeilnehmerInnen und Beiträge verlorengegangen, so daß teilweise keine Mahnungen geschrieben werden konnten, heißt es aus VHS-Kreisen.

Der ganze Schuldenberg der Volkshochschule ist damit aber nicht zu erklären, weiß der CDUler. „Aber es stellt sich die dringende Frage, ob alle anderen Buchungen korrekt verlaufen sind.“ Er wirft der SPD-geführten Bildungsbehörde zudem vor, sich nicht genug über den finanziellen Zustand der stadteigenen Firma informiert zu haben. „Offensichtlich haben weder das Amt für Weiterbildung noch Senatorin Rosemarie Raab ausreichend kontrolliert.“

Letztere verhandelte gestern mit den anderen Mitgliedern des VHS-Vorstands zum zweiten Mal darüber, wie der Schuldenberg abgetragen werden könnte. Aus Protest gegen die Sparpläne der Senatorin hatten sich etwa 60 VolkshochschulmitarbeiterInnen in den Gängen vor dem Konferenzraum quergelegt. Zu einem Ergebnis kam der Vorstand jedoch nicht; er beschloß, am 22. September erneut zu beraten.