Nachgefragt
: Um Kronen feilschen

■ Der Notarzt zum Zahnärztestreik

Journalist – Zahnarzt: ein heikles Verhältnis. Trifft der eine des anderen Nerv, schreibt der andere über des einen Luxusyachten. Gestern war in Bremen Zahnärztestreik. Nur der Notdienst funktionierte. Der Zufall wollte es, daß Reporter BuS aufgrund einer verlorengegangenen Plombe auf dem Stuhl seines Zahnarztes platzzunehmen hatte. Die Rekonstruktion des Dialogs liest sich so:

Arzt: Öffnen Sie bitte den Mund.

Patient: Schi machn Notie-nscht. Schind schi für oder ggn den Streik?

Ich bin solidarisch mit den jüngeren Kollegen in Bremen Nord. Wegen der hohen Arbeitslosigkeit dort geht es denen wirklich schlecht. Die haben vor fünf Jahren 500.000 Mark Kredit für ihre Praxis aufgenommen, und jetzt feilschen ihre Patienten mit ihnen um billigere Kronen. Mund auf! Wenn es wehtut, sagen Sie bescheid.

Geht esch Ihnen aua pschönlisch auaaaa auch schlechter?

O o o, das müssen wir überkronen. Ich lasse Ihnen schon mal einen Kostenvoranschlag machen. Bitte weiter aufmachen, den Mund. Das ist jetzt etwas kalt. Mein Verdienst ist eindeutig rückläufig. Die Laborkosten betragen bei mir bis 2/3 der Kosten, sie wurden gerade im Januar erhöht. Um das aufzufangen, arbeiten wir jetzt viel mehr als früher. Mein Stundenlohn geht aber runter. Ich kenne Kollegen in Bremen Nord, die dürfen wegen der Budgetierung ab September nichts mehr mit der Kasse abrechen. Die arbeiten den Rest des Jahres umsonst. Spülen Sie mal gründlich aus.

Grggggllll. Autsch. Harrr. Gwrrrutschgll hrrr brarrlgh?

Ich arbeite im Prinzip privatwirtschaftlich. Ich habe Angestellte, zahle Miete, kaufe Material ein, halte Arbeitsgeräte in Ordnung. Noch ein bißchen Karies muß weg. Möchten Sie lieber eine Betäubung?

Grbblemanglibrr. Aua.

Na gut, dann nicht.

Macht Schahnarscht aaaaarrrrgh noch Spasch aua?

Für die Abrechnung einer Krone brauche ich bis zu 11 Rechnungen und Formblätter, früher eins. Plötzlich rufen sie von der Krankenkasse an, ob diese und jene Füllung wirklich notwendig ist. Und dann lesen meine Patienten morgens die neusten Schweinereien der Zahnärzte in der Tageszeitung, und ich schleiche rum wie ein Betrüger. Dabei habe ich keinen Porsche und kein Flugzeug. Das brummt jetzt etwas im Kopf. Nein, unter diesen Bedingungen macht der Beruf manchmal keinen Spaß mehr. Spülen Sie noch mal.

Fragen: BuS